Evangelische Fachhochschule
Rheinland-Westfalen-Lippe
Diplomarbeit
im Studiengang Sozialarbeit
Zur Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit bei
Frauen - Ein Vergleich zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und den Niederlanden
Verfasser: Sibylle Haertel
Erstleser: Prof. Dr. Huster
Zweitleser: Prof. Dr. Henke
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Vorwort
"Es gibt also, mein Freund,
keine Beschaeftigung eigens
fuer die Frau, nur weil sie
Frau ist, und auch keine
eigens fuer den Mann, nur
weil er Mann ist, die
Begabungen finden sich
vielmehr gleichmaessig bei
beiden Geschlechtern ver-
teilt."
(Plato, Politeia)
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Inhaltsverzeichnis
1. Arbeitsmarktteilnahme von Frauen
- geschichtlicher Rueckblick -
1.1. Bundesrepublik Deutschland
1.2. Niederlande
1.3. Zusammenfassung
2. Geschlechtsrollen und Rollenkonflikte
3. Beruf und private Alltagsarbeit
3.1. Bundesrepublik Deutschland
3.1.1. Familiensituation
3.1.2. Erwerbsverhalten von Frauen
und Arbeitsmarktbedingungen
3.1.3. Auslaendische Frauen
3.2. Niederlande
3.2.1. Familiensituation
3.2.2. Erwerbsverhalten von Frauen
und Arbeitsmarktbedingungen
3.2.3. Ethnische Frauen
3.3. Zusammenfassung
4. Frauen- und Familienpolitik
4.1. Bundesrepublik Deutschland
4.1.1. Familienpolitische Leistungen
fuer berufstaetige Muetter
4.1.1.1. Mutterschutz
4.1.1.2. Erziehungsurlaub und Erziehungsgeld
4.1.1.3. Krankheit des Kindes
4.1.2. Foerderprogramme fuer Frauen
4.1.3. Frauenpolitik
4.2. Niederlande
4.2.1. Familienpolitische Leistungen
fuer berufstaetige Muetter
4.2.1.1. Mutterschutz
4.2.1.2. Elternurlaub
4.2.1.3. Notlagenurlaub
4.2.2. Foerderprogramme fuer Frauen
4.2.3. Frauenpolitik
4.3. Zusammenfassung
5. Kinderbetreuung
5.1. Bundesrepublik Deutschland
5.2. Niederlande
5.3. Zusammenfassung
6. Einstellung des Partners
und Beitrag zur Familienarbeit
6.1. Bundesrepublik Deutschland
6.2. Niederlande
6.3. Zusammenfassung
7. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
1. Arbeitsmarktteilnahme von Frauen
- geschichtlicher Rueckblick -
1.1. Bundesrepublik Deutschland
Mit der Befreiung aus der Leibeigenschaft im
Jahre 1807 verloren viele Bauern - Maenner sowie
Frauen - die bisher in Haus, Hof und auf dem Feld
taetig waren, ihre Existenzgrundlage. Die steigende
Zahl von Maennern und unverheirateten Frauen auf dem
Arbeitsmarkt liess die Loehne sinken, so dass auch
die verheirateten Frauen gezwungen waren, durch
ihre Arbeit in den Fabriken zum Unterhalt der
Familie beizutragen. (Weiland S. 88) Die
buergerliche Frau, die sich bisher nur dem Haus und
der Familie zu widmen hatte, konnte sich mit
zunehmendem Frauenueberschuss Mitte des Jahrhunderts
nicht mehr laenger nur ueber die Ehe definieren. Da
fuer diese Frauen ein Beruf immer wichtiger wurde,
kaempfte die buergerliche Frauenbewegung fuer den
Zugang der Frauen zu mittlerer und gehobener
Bildung. Ende des 19. Jahrhunderts konnten nun
buergerliche Frauen als Buerokraefte,
Krankenpflegerinnen oder Lehrerinnen arbeiten.
(Weiland S. 90ff) Die Berufstaetigkeit der Frau war,
im Sinne der Frauenbewegung, eine Alternative zur
Ehe; so entsprach das "Lehrerinnenzoelibat", d.h.
die Entlassung bei Verheiratung, auch ihren
Vorstellungen. (Weiland S. 299) 1837 eroeffnete
Friedrich Froebel den ersten Kinder- garten, der
gleichzeitig neue Arbeitsmoeglichkeiten fuer Frauen
bot. Von 1851 bis 1860 wurden durch das
Preussische Kultusministerium die Kindergaerten
wieder verboten. Noch 1885 war die staatliche
Pruefung zur Kindergaertnerin unmoeglich, da
die Preussische Regierung verhindern wollte, dass
Frauen durch die Nutzung der Kindergaerten einer
Erwerbs- taetigkeit nachgehen konnten.
(Weiland S.105f)
Waehrend des Ersten Weltkrieges erhielt die Berufs-
taetigkeit der Frauen im Rahmen der "Arbeiter-
beschaffung", eine groessere Bedeutung. Der freie
Arbeitsmarkt genuegte den Anforderungen der Kriegs-
wirtschaft nicht mehr. Eine dem Kriegsamt
angeschlossene Frauenarbeitszentrale unter der
Leitung von Frau Dr. Lueders ( spaetere FDP-Abge-
ordnete und Alterspraesidentin des Deutschen
Bundestages ) hatte die Aufgabe weibliche
Arbeitskraefte zu beschaffen und zu ueberwachen. Das
Eindringen der Frauen in Maennerdomaenen leitete
einen grundlegenden Wandel in der geschlechts-
spezifischen Arbeitsteilung ein.(Gerhard S. 43f)
Nach Ende des Krieges wurden die Frauen von ihren
Positionen verdraengt, um die alte Ordnung
herzustellen, und um fuer die heimkehrenden Maenner
Arbeitsplaetze bereitzuhalten. (Gerhard S. 46)
Mit der Erholung der deutschen Wirtschaft stieg
die Frauenerwerbstaetigkeit bis zur Weltwirt-
schaftskrise erneut an. Der Nationalsozialismus
begegnete der Massen- arbeitslosigkeit mit
weiterem Verdraengen der Frauen aus dem
Produktionsbereich sowie der Verherrlichung der
Mutterschaft. (Weiland S. 184) Mit beginnender
Aufruestung waren Frauen als Arbeitskraefte
jedoch wieder gefragt. Unmittelbar nach Ende des
Krieges verloren die Frauen erneut ihre
Arbeitsplaetze. Zwar war der Rueckgang der
Erwerbstaetigkeit unter Frauen nicht so gravierend
wie nach dem 1. Weltkrieg, aber durch
fehlenden Kuendigungsschutz mussten sogar
Kriegswitwen ihren Arbeitsplatz raeumen.
(Kutsch S. 33 u. 44)
Die Leistungen der "Truemmerfrauen" beim Wiederauf-
bau, sowie ihre Erfahrungen aus dem Weltkrieg,
hatten das Selbstbewusstsein der Frauen gestaerkt.
(Kutsch S. 90) Bessere Ausbildung und rasches
Wirtschaftswachstum liess die weibliche
Beschaeftigungsquote 1958 auf 34 % ansteigen.
Allerdings lag die Erwerbstaetigkeit verheirateter
Frauen dagegen allerdings zwischen 1957 und 1961 auf
seinem niedrigsten Stand, und erreichte das Niveau
der 20iger Jahre. (Zahlmann-Willenbacher S. 73)
Eine gravierende Veraenderung trat hier erst in den
70iger Jahren ein. Die steigende Erwerbsquote bei
Frauen ist nun vor allemn auf die zunehmende
Berufstaetigkeit verheirateter Frauen
zurueckzufuehren. (Gottschall S. 18) Im
Zusammenhang mit der allgemeinen wirtschaftlichen
Lage der vergangenen Jahre, sind es vor allem wieder
die Frauen, die ueberproportional von
Arbeitslosigkeit betroffen sind.
1.2. Niederlande
Im 19. Jahrhundert hatte die gesellschaftliche
Position der Frauen auch in den Niederlanden einen
Einfluss auf die Erwerbstaetigkeit. Arbeiterfamilien
waren darauf angewiesen, dass Frauen und Kinder
mitarbeiteten. Ihre Lebenssituation unterschied
sich in erheblichem Masse vom Buergertum. Hier galt
es als unpassend, dass Frauen - selbst
unverheiratete - bezahlte Arbeit verrichteten. Sie
hatten sich um Haushalt und Familie zu kuemmern.
Das taegliche Leben der Toechter war gepraegt
durch Vorbereitung auf die spaetere Mutterschaft
und Familie, sowie auf das Warten auf den
richtigen Heiratskandidaten.
(Cornelis/Hinderink S.13f)
Die steigende Zahl unverheirateter Frauen
zwischen 1830 und 1850 liessen den Ruf nach
besserer Ausbildung und bezahlter Arbeit fuer
Frauen laut werden. So nahmen in der zweiten
Haelfte des Jahrhunderts die Moeglichkeiten an
"schicklicher" Frauenerwerbsarbeit, z.B. im
Pflegebereich, zu. (Cornelis/Hinderink S.31 u. 33)
Ende des Jahrhunderts entwickelte sich in den
Niederlanden ein gesellschaftliches Phaenomen, das
bis in die 60iger Jahre dieses Jahrhunderts
andauerte: die Versaeulung, eine Blockbildung,
basierend auf lebensanschaulicher Ueberzeugung. Das
Beduerfnis nach Gruppenidentitaet brachte die
Niederlaender dazu, sich zunaechst in
konfessionellen "Saeulen" zusammenzuschliessen.
Spaeter kamen zu der protestantischen und
katholischen die sozialistische und liberale Saeule
hinzu. Dieses Phaenomen durchzog alle sozialen
Schichten, und die Bevoelkerung lebte geteilt in
nebeneinander bestehenden Saeulen. Jede Saeule
hatte ihre eigenen politischen Parteien,
Gewerkschaften, Krankenhaeuser, Schulen,
Jugendeinrichtugen und Zeitungen. So konnte es
sein, dass ein Protestant niemals in seinem Leben
Kontakt mit einem Sozialisten hatte.
(Schilling/Taeubrich S. 73f) Innerhalb dieser Saeulen
entwickelten sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Frauenvereinigungen. War bei den Sozialistinnen ein
grosses Bestreben, z.B. die Einfuehrung des
Frauenwahlrechtes, so waren die konfessionellen
Frauenvereinigungen kaum politisch taetig. Ihre
Aufgaben beschraenkten sich auf Religion und
Familie. (Cornelis/Hinderink S.39f) Das
herrschende buergerliche Ideal der 20iger Jahre war
auch weiterhin die nicht erwerbstaetige
verheiratete Frau. Durch zunehmende Industrieali-
sierung und Lohnverbesserungen setzte es sich auch
in den Arbeiterfamilien immer weiter durch, dass
die Frau im Haus blieb. (Cornelis/Hinderink S. 43)
Beginnend mit der Weltwirtschaftskrise 1929 stieg
die Arbeitslosigkeit, von der vor allem die Frauen
betroffen werden.. So trat 1935 eine Bestimmung in
Kraft, durch die alle Beamtinnen mit ihrer
Verheiratung entlassen wurden.
(Cornelis/Hinderink S. 157)
Die Situation gipfelte in dem Gesetzentwurf des
katholischen Ministers fuer Soziale Sachen, Romme,
der 1937 forderte, fuer alle verheirateten oder
mit einem Partner zusammenlebenden Frauen ein
Arbeitsverbot auszusprechen. Obwohl Romme grosse
Teile der Bevoelkerung auf seiner Seite hatte,
trat dieses Gesetz nicht in Kraft.
(Clason S. 52)
Mit der Besetzung der Niederlande durch die Deutschen
schien sich eine Veraenderung anzubahnen.
Die Nationaal-Socialistische Vrouwen Organisatie
propagierte die Erwerbstaetigkeit von Frauen, die
ihre Faehigkeiten in den "Dienst der
Volksgemeinschaft" stellen sollten. Einige Frauen
folgten diesem Aufruf, andere wurden gezwungen, in
Deutschland zu arbeiten. Insgesamt aenderte sich
die Zahl der erwerbstaetigen Frauen waehrend des
zweiten Weltkrieges jedoch kaum.
(Cornelis/Hinderink S. 102)
In der Nachkriegszeit stiegen die Geburtenziffern an.
Dies war zurueckzufuehren auf die Rueckkehr der
Maenner, die Zunahme der Eheschliessungen, resultierend
aus dem Wunsch nach einem normalen Familienleben sowie
einem Nachholbeduerfnis an Vergnuegungen verbunden mit
freiem sexuellem Umgang. Gleichzeitig wurde vom
Staat und privaten Organisationen das Ziel
verfolgt, die Familie zu staerken. Zunehmende
Industrialisierung und Verstaedterung
schuerten die Angst vor
auseinanderfallenden Familien. Alle politischen
Parteien waren sich einig, dass in das Bild von
Familie keine ausserhaeusig arbeitende Frau
passt. (Cornelis/Hinderink S. 146) Die
zunehmende Industrialisierung liess die
verheiratete Frau als ein Arbeitskraftreservoir
jedoch immer wichtiger werden. Vor allem bei den
christlichen Parteien, deren Politik darauf
ausgelegt war, die verheiratete Frau vom
Arbeitsmarkt zu draengen, nahm aber die Kritik
gegenueber der Erwerbstaetigkeit von Ehefrauen nur
langsam ab. (Cornelis/Hinderink S. 157) Um
verheirateten Frauen Anreize zu bieten,
richteten einige Arbeitgeber Ende der 60iger Jahre
Krippen fuer die Kinder der bei ihnen beschaeftigten
Frauen ein. Mit zunehmender Frauenarbeitslosigkeit
in den 70iger Jahren ebbte dieser Trend wieder ab.
(Cornelis/Hinderink S. 158) Wenn auch die
Oeffentlichkeit der Ehefrau eine Erwerbstaetigkeit
zubilligt, so lassen Umfragen erkennen, dass ein
grosser Teil der Bevoelkerung die Berufstaetigkeit
einer Mutter mit kleinen Kindern ablehnt. Bei
zunehmender Akzeptanz zeichnet sich eine
gegenlaeufige Tendenz ab. Haben 1981 noch 83 % der
Befragten die These unterstuetzt, dass die
Versorgung von Kindern in der Verantwortlichkeit
von Mann und Frau liegt, so waren dies 1986 nur
noch 71 %. (Groenendijk/de Wit S. 123f)
1.3. Zusammenfassung
Die Frauenerwerbstaetigkeit in der Bundesrepublik
Deutschland war und ist gekennzeichnet durch
Mobilisierung und Demobilisierung. Vor allem die
verheirateten Frauen stellen eine
Arbeitskraftreserve dar, derer sich die Wirtschaft
in Zeiten der Hochkonjunktur bedient, und die bei
nachlassendem Bedarf wieder auf Haushalt und
Familie verpflichtet wird.
In den Niederlanden liegt die tiefere Ursache fuer
die niedrige Erwerbsquote bei Frauen in der
typisch niederlaendischen Familienkultur,
resultierend aus dem traditionell buergerlichen
Charakter der Gesellschaft.
Der familiale Lebenskreis mit der Frau als
Mittelpunkt, ist von groesster Bedeutung. Da die
Familienrolle in den Niederlanden zu einer totalen
Rolle tendiert, tritt der Rollenkonflikt zwischen
Familien- und Berufsrolle schaerfer hervor als in
anderen Laendern.
2. Geschlechtsrollen und Rollenkonflikt
Durch die in den letzten Jahrzehnten veraenderten
Lebensverhaeltnisse der Bevoelkerung, hat sich die
Frage der sozialen Ungleichheit entschaerft.
Ungleichheit taucht jedoch in anderen
Zusammenhaengen wieder auf, naemlich zwischen
Maennern und Frauen. (Beck 1986 S. 129) Diese
Ungleichheit ist Produkt und Grundlage der
Industriegesellschaft, deren Loesungsmuster die
geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in der
Kleinfamilie ist in dem Sinne, dass Erwerbsarbeit
Hausarbeit voraussetzt. (Beck 1990 S. 39)
In der Notwendigkeit der Kinderversorgung und
-erziehung begruendet das strukturfunktionalis-
tische Familienmodell die Ausgestaltung der
Geschlechtsrollen ( zugeschriebene Rollen mit
Verhaltensweisen, die von Maennern und Frauen
jeweils anders erwartet werden).
(Zahlmann-Willenbacher S. 60)
Durch Funktionsverlagerungen, d.h. das Ausgliedern
von Aufgaben in den ausserfamilialen Bereich
(Doer/Schneider S. 92), sowie die Aufloesung
traditioneller Sozialbeziehungen, hat die
Kleinfamilie in staerkerem Masse emotionale Aufgaben
bekommen. (Beck-Gernsheim 1980 S. 52)
Nach Parsons Kernfamilienschema sind die
Geschlechtsrollen mit bestimmten Aufgaben und
Merkmalen verknuepft. So ist die instrumentelle
Rolle des Mannes auf den Aussenbereich, die
"Sacharbeit", und die expressive Rolle der Frau
auf den Innenbereich, die "Gefuehlsarbeit",
gerichtet. (Doer/Schneider S. 96)
Die Trennung der Lebensbereiche in Verbindung mit
der Festlegung auf Berufs- oder Familienrolle ist
Grundlage, der weitgehend noch heute geltenden
Geschlechtsrollenstereotype.
(Zahlmann-Willenbacher S. 70)
Das Familienmodell der nicht berufstaetigen
Hausfrau und - des fuer die materielle Sicherheit
sorgenden Ehemannes - entspricht heute jedoch
nicht mehr der gesellschaftlichen Realitaet.
Bedingt durch wirtschaftliche, kulturelle, soziale
und politische Veraenderungen hat sich vor allem
bei den Frauen die Lebensorientierung gewandelt.
Qualifizierte Berufsausbildung, spaete Heirat und
weniger Kinder sind Zeichen des Aufbruchs der
Frauen aus ihrer traditionellen Familienrolle. Das
Motto "die Frau gehoert in die Familie" hat sich
dahingehend geaendert, dass die Frau, abgesehen von
der Phase der Kleinkindererziehung, in den Beruf
gehoert. (Rerrich S. 122)
Diese Wandlung liesse vermuten, dass auch
gleichzeitig die bisher geltende geschlechtsspe-
zifische Arbeitsteilung an Gewicht verliert, und
damit eine Veraenderung der Geschlechtsrollen
einherginge. Diese Mutmassung jedoch ist falsch,
denn die Geschlechtsrollenstereotype besitzen
weiterhin Gueltigkeit, was die Rollenflexibilitaet
einschraenkt (sicherlich nicht allein getragen
durch die Maenner).
So bewaeltigt die Frau weiterhin, neben ihrer
Berufsrolle, die Hauptlast aus der Familienrolle.
(Zahlmann-Willenbacher S. 73f)
Die Erfuellung dieser beiden Rollen kann zu
Spannungen fuehren.
Werden verschiedene Rollen mit ihrer Gesamtheit
an Erwartungen als unvereinbar erlebt, so
entsteht ein Konflikt zwischen den Rollen (Inter-
Rollen-Konflikt). (Doer / Schneider S. 50)
Die an die Frau herangetragenen Erwartungen
resultieren u.a. aus ihrer Rolle als Ehefrau,
Mutter, Hausfrau und Erwerbstaetige.
Durch die geschlechtsspezifische Sozialisation
wird die Frau in hohem Masse auf ihre Familienrolle
festgelegt. Ihre Reproduktionsarbeit laesst sich
durch Personenorientiertheit charakterisieren,
d.h. sie uebernimmt als "Herz der Familie" die
Beduerfnisbefriedigung der Familienmitglieder.
(Beck-Gernsheim 1981 S. 38) Demgegenueber
erfordert die Produktionarbeit immer ein gewisses
Mass an Herz- und Gedankenlosigkeit. In ihrer Rolle
als Erwerbstaetige wird die Frau mit
"konkurrenzorientierten Verhaltensweisen" konfron-
tiert, die die Berufsarbeit kennzeichnen.
(Beck-Gernsheim 1981 S. 33f)
Der Versuch, die starke Festlegung auf die
gefuehlsbetonte Familienrolle mit der gesellschaft-
lich hoch bewerteten Berufsrolle in Einklang zu
bringen, kann zu Konflikten zwischen den Rollen
fuehren.
Auf der einen Seite steht das Problem der
zeitlichen Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Die Frau kann, bedingt durch ihre Einspannung im
Beruf, nicht allen Erwartungen der Familie gerecht
werden.
Auf der anderen Seite steht ein inhaltliches
Problem. Die Teilnahme am Berufsleben wird
erschwert durch das Vorurteil, dass Frauen ein
mangelndes Arbeitsbewusstsein haetten, das in ihrer
privatistischen und familienbezogenen Orientierung
begruendet sei. (Milz S 164)
Durch die an die Frau gerichteten
widerspruechlichen Anforderungen ist ein
Rollenkonflikt unausweichlich.
Um diesem Konflikt zu entgehen sehen Frauen haeufig
die einzige Loesung im Verzicht auf eine bezahlte
Taetigkeit.
In dieser Problematik liegt moeglicherweise auch
die Ursache, warum so viele Frauen auch heute noch
ihre Berufswahl auf einige wenige Berufsfelder
konzentrieren, denn Taetigkeiten im Pflege-, Lehr-,
und Sozialbereich sind auf die weibliche Personen-
orientierung angewiesen.
3. Beruf und private Alltagsarbeit
3.1. Bundesrepublik Deutschland
3.1.1. Familiensituation
In der Bundesrepublik Deutschland (alte Laender)
lebten 1987 31,8 Millionen Frauen und stellten mit
52 % die Mehrheit der Bevoelkerung. 14,4 Millionen
Frauen waren verheiratet und 817.000 Frauen waren
Alleinerziehende mit Kindern unter 18 Jahren.
(BMJFFG Okt. 1989 S. 10)
Mit der Reform des Familienrechts 1977 hat der
Gesetzgeber das Leitbild der Hausfrauenehe zwar
aufgehoben, aber immer noch wird gemaess @1356 BGB
von der Frau die groessere Fuersorge fuer die Familie
erwartet. Trotz der Moeglichkeit, erwerbstaetig zu
sein, ist die Berufswelt weiterhin auf den von
Haus- und Familienarbeit freigestellten berufs-
taetigen Mann zugeschnitten. Hier ist es die
Aufgabe der Frau, den Mann von allen Alltags-
belastungen freizuhalten, damit er seine Energien
auf die beruflichen Angelegenheiten konzentrieren
kann.(Beck-Gernsheim 1980 S. 64)
Untersuchungen haben ergeben, dass Vollhausfrauen
woechentlich ca. 50 bis 70 Stunden mit
Routinetaetigkeiten im Haushalt beschaeftigt sind.
Bei erwerbstaetigen Frauen liegt der Zeitaufwand
bei ca. 40 bis 60 Stunden in der Woche.
(BMJFFG Okt. 1989 S. 53)
Diese Zahlen zeigen, dass auch bei der berufstaetigen
Frau die private Alltagsarbeit in der Hauptsache in
ihren Aufgabenbereich faellt. Sie ist diejenige,
die unter staendigem Zeitdruck steht und den Tagesab-
lauf durchplanen muss, damit sich Beruf, Familie
und Haushalt fuer sie vereinbaren lassen.
Darueberhinaus uebernimmt die Frau auch weiterhin
die ihr traditionell zugewiesene Aufgabe der
Entlastung und des emotionalen Ausgleichs fuer den
Mann.(Beck-Gernsheim 1980 S. 124) Sie traegt
Sorge fuer ein Familienklima der Geborgenheit und
Entspannung und ist zustaendig fuer das Vermitteln
bei familiaeren Konflikten und Spannungen.
Neben dieser Mehrfachbelastung der berufstaetigen
Frau laesst sich feststellen, dass der Ehefrau keine
sozial eingespielten Uebertragungsmoeglichkeiten zur
Verfuegung stehen. Sie uebernimmt zwar den
emotionalen Ausgleich in der Familie, kann aber
selbst kaum auf eine eigene Entlastung, Staerkung
oder liebevolle Unterstuetzung hoffen.
Diese an die Frau gestellten Anforderungen sind
sicherlich mit ein Grund dafuer, dass sich in den
50iger Jahren ein Drei-Phasen-Modell entwickelte:
Erwerbstaetigkeit der Frau bis zum ersten Kind,
dann Familienphase von 10 bis 15 Jahren Dauer, und
in der dritten Phase der Wiedereinstieg in die
Erwerbstaetigkeit. (Beck-Gernsheim 1984 S. 45)
Obwohl auch heute noch das Drei-Phasen-Modell fuer
junge Frauen seine Geltung hat (Rerrich S. 124),
so laesst sich doch ein Wandel erkennen. Die Er-
werbstaetigkeit wird heute nur noch fuer eine
relativ kurze Zeitspanne, in der die Kinder klein
sind, unterbrochen.(Born S. 103) Darueberhinaus
warten die Frauen laenger mit der Geburt des ersten
Kindes und bekommen weniger Kinder als frueher.
(Milz S. 165)
3.1.2. Erwerbsverhalten von Frauen
und Arbeitsmarktbedingungen
Die Veraenderungen beim traditionellen
Drei-Phasen-Modell sind auf verschiedene Ursachen
zurueckzufuehren.
Die schulische Ausbildung von Maedchen entspricht
heute der von Jungen, und auch eine qualifizierte
Berufsausbildung ist fuer junge Frauen selbstver-
staendlich geworden. (BMJFFG Okt. 1989 S. 13)
Bedingt durch laengere Ausbildungszeiten und dem
Wunsch nach Berufstaetigkeit verschieben junge
Frauen haeufig die Gruendung einer Familie auf ein
hoeheres Alter. (Beck-Gernsheim 1980 S. 200)
Fuer viele, vor allem junge Frauen, verliert die
Familienrolle an Gewicht. In ihrem Lebensplanent-
wurf nimmt das Erreichen einer gesicherten beruf-
lichen Position zunehmend einen gleichrangigen
Stellenwert ein. Hierzu gehoert auch die genaue
Planung der Mutterschaft, denn eine niedrige
Kinderzahl bietet am ehesten die Moeglichkeit einer
baldigen Rueckkehr in den Beruf. (Milz S. 166)
Neben dem eigenen Wunsch, die Erwerbstaetigkeit nur
kurz oder gar nicht zu unterbrechen, spielen
Arbeitsmarktbedingungen eine wesentliche Rolle. Es
stellt sich die Frage, ob eine Familienpause nicht
auch einen Qualifikationsverlust bedeutet, und die
Frau im Berufsleben den Anschluss verliert.
(Rerrich S. 126)
Darueberhinaus hat der, mit Beginn der 80iger Jahre
einsetzende Beschaeftigungsrueckgang, die Angst vor
Arbeitslosigkeit verstaerkt. Da sich auch heute
noch die Berufswahl der Mehrzahl aller Maedchen und
Frauen auf einige wenige Bereiche konzentriert,
(Eckert S. 247) wird der Arbeitsmarkt fuer sie
noch enger.
Tradiertes Rollenverstaendnis und die damit
verbundene geschlechtsspezifische Sozialisation
beguenstigen die Beschraenkung auf frauentypische
Berufe.
Neben der Tatsache der Unterbewertung von
Frauenarbeit und der schlechteren Entlohnung laesst
sich feststellen, dass Frauenberufe keine
Familienberufe sind. Unguenstige Arbeitszeitlagen,
lange Arbeitszeiten (Verkaeuferinnen, Arzthelfer-
innen), oder Schichtdienst (Industriearbeiterin,
Krankenschwester), lassen eine Vereinbarkeit von
Beruf und Familie besonders schwierig werden.
(Born S. 186f) Um Beruf und Familie besser in
Einklang zu bringen, reagieren viele Frauen mit
einem Wechsel in ein Teilzeitarbeitsverhaeltnis.
Offen bleibt dabei allerdings die Frage, ob dies
wirklich der Wunsch der Frauen ist, oder lediglich
eine Anpassung an die Umstaende. Handelt es sich
bei der meist geringer qualifizierten und
schlechter bezahlten Teilzeitarbeit um einen
Kompromiss, weil die Versorgung mit
Kinderbetreuungseinrichtungen unzureichend ist?
Ist Teilzeitarbeit nur eine Notloesung, weil
Vollzeitarbeitsplaetze fehlen oder Arbeitslosigkeit
droht? (Luehder S. 73)
Eines allerdings ist klar, dass dieses von Frauen
bevorzugte Arbeitsverhaeltnis (90 - 97% Frauenan-
teil, die Zahlen in der Literatur variieren) die
Freistellung des Mannes von der Reproduktions-
arbeit beinhaltet und zur patriarchalisch struk-
turierten Arbeitsgesellschaft beitraegt.
Trotz der haeufig schwierigen Situation nehmen
viele Frauen die Mehrfachbelastung gerne in Kauf.
Berufstaetig zu sein hat fuer sie nicht nur
oekonomische Gruende, sondern bedeutet auch ein
zeitweises Entrinnen aus der Hausarbeitsmonotonie.
Im Beruf erfahrene Selbstbestaetigung und
Selbstbewusssein haben nicht zuletzt auch einen
Einfluss auf die eigene Zufriedenheit, die wiederum
im Umgang mit den Kindern von Bedeutung ist.
(Born S. 107)
Von ganz besonderer Wichtigkeit ist daneben die
Moeglichkeit zu sozialen Kontakten. Anerkennung
ihrer Leistungen als berufstaetige Frau und Mutter
kann sie von Kolleginnen erfahren. Hier trifft sie
auf Frauen in aehnlicher Situation und findet
Verstaendnis fuer ihre Alltagssorgen (Milz S. 172);
eine Bestaetigung, die ihr die eigene
Familie nicht selten schuldig bleibt.
3.1.3. Auslaendische Frauen
Im Jahr 1988 lebten ca. 2 Millionen auslaendische
Frauen und Maedchen in der Bundesrepublik
Deutschland, etwa ein Viertel von ihnen waren
juenger als 18 Jahre. Den groessten Anteil bildeten
die Tuerkinnen (ca. 656.000), gefolgt von
Italienerinnen (ca. 214.000) und Jugoslawinnen
(ca. 170.000). (BMJFFG Okt. 1989 S. 73)
Untersuchungen und statistisches Material ueber
auslaendische Frauen liegen nur in lueckenhaftem
Umfang vor. Selbst vorhandenes Zahlenmaterial
weicht zum Teil in erheblichen Masse voneinander
ab.
Darueberhinaus ist die Beschreibung der Situation
von Auslaenderinnen schwer moeglich, da es sich
nicht um eine homogene Personengruppe handelt.
Generell laesst sich jedoch sagen, dass die Mehrzahl
der hier lebenden Frauen, ob als Arbeitskraefte
angeworben oder auf dem Wege des Familien-
nachzuges in die Bundesrepublik Deutschland
eingereist, erwerbstaetig sein wollen.
(Gunkel-Henning S. 178)
Neben ihren speziellen Schwierigkeiten in der
Berufswelt, sowie der doppelten Stigmatisierung
als Auslaenderinnen und als Frau, kommen weitere
Probleme auf sie zu. Die herrschende
Wohnungsknappheit bedeutet vor allem fuer
auslaendische Familien beengte Lebensverhaeltnisse.
(BMJFFG Okt. 1989 S. 73)
Viele Kinder muessen die Versorgung ihrer juengeren
Geschwister uebernehmen, weil Kinderbeteuungsein-
richtungen fehlen. Haus- und Familienarbeit ist in
noch hoeherem Masse als bei deutschen Frauen die
Angelegenheit der weiblichen Familienmitglieder.
(Gunkel-Henning S. 200)
Vorurteile, Sprachschwierigkeiten, Arbeits-
bedingungen und ihre familiaere Situation
verhindern haeufig die Integration von auslaendischen
Arbeitnehmerinnen. Kommunikationsmoeglichkeiten und
Selbstbestaetigung, die fuer die deutsche Frau
wichtige Argumente sind, finden auslaendische
Frauen in ihrer Arbeit nur selten.
Dies, sowie der Konflikt zwischen der Bewahrung
traditioneller Werte und Normen und der Anpassung
an die industrielle Arbeitswelt, kann ein Grund
dafuer sein, dass auslaendische Frauen haeufig an
psychosomatischen Krankheiten leiden.
(Gunkel-Henning S. 200)
3.2. Niederlande
3.2.1. Familiensituation
In den Niederlanden lebten 1991 ca. 7,6 Mio.
Frauen, 46 % der Frauen waren verheiratet.
(Emanciepatieraad 1991 S. 1)
Im Jahr 1957 wurde die verheiratete Frau in den
Niederlanden vom Gesetz als "geschaeftsfaehig"
erklaert, was u.a. bedeutete, dass sie ohne
Zustimmung ihres Ehemannes erwerbstaetig werden
konnte. (Clason S. 53) Die bestehende
Gesetzgebung jedoch ist vielfach noch auf die
Ein-Verdiener- Situation abgestimmt. (CNV S. 2)
Einen grossen Einfluss auf die Rollenverteilung
zwischen Mann und Frau hat die hohe Prioritaet des
haeuslichen Lebensbereiches.
Das familiale Rollengefuege in den Niederlanden
stimmt mit der von Parsons und Bales beschriebenen
Mittelklassenfamilie in den Vereinigten Staaten
ueberein. Der Mann und Vater fuellt die instrumen-
telle Rolle aus, als Ernaehrer und Bindeglied
zwischen Aussenwelt und Familie. Die expressive
Rolle der Frau und Mutter beinhaltet dagegen fuer
das Wohl der Familienmitglieder zu sorgen.
Trotz der instrumentellen Rolle werden in den
Niederlanden von dem Mann auch expressive Elemente
erwartet. In hoeherem Masse als z.B. in der
Bundesrepublik Deutschland beteiligt er sich an
der Mitgestaltung der familialen Lebenssphaere.
Instrumentelle Elemente in der Frauenrolle
hingegen sollen lediglich dazu dienen, die
expressive Rolle besser erfuellen zu koennen.
(Clason S. 7f)
Die bis in die 60iger und 70iger Jahre, vor allem
von den christlichen Parteien, getragene
Auffassung, dass die verheiratete Frau ins Haus
gehoert (Cornelis/Hinderink S. 157), ist auch
heute noch spuerbar. Im Gegensatz zum relativ hohen
Status der Frau in der Familie, sinkt ihr Ansehen
in der Ausfuellung einer anderen, z.B. der
Berufsrolle. (Clason S. 8)
3.2.2. Erwerbsverhalten von Frauen und
Arbeitsmarktbedingungen
Die traditionellen Wertvorstellungen, bei der die
Familienrolle absoluten Vorrang hat, sowie eine,
bis in die 60iger Jahre hohe Geburtenrate, hat die
Arbeitsmarktteilnahme der Frauen niedrig gehalten.
(v.Voorden/Groenendijk S. 69)
In der Zeit von 1960 bis 1983 stieg die Zahl der
erwerbstaetigen verheirateten Frauen von 7 % auf
36 %. Trotz dieser Zunahme liegen die Niederlande
im europaeischen Vergleich auf den hinteren Raengen.
(MiSoZaWe 1987 S. 17)
Verliessen die Frauen frueher den Arbeitsmarkt mit
der Heirat, so verschob sich der Austritt in den
70iger Jahren auf die Geburt des ersten
Kindes. (Groenendijk/de Wit S. 122)
Einen Einfluss auf die Frauenerwerbstaetigkeit hat
auch heute noch die Anwesenheit von Kindern.
Hierbei spielt jedoch nicht die Anzahl der Kinder
eine Rolle, sondern lediglich das Alter des
juengsten Kindes.
(Gewestelijk Arbeidsbureau Leeuwarden S. 52)
Neben sinkender Geburtenrate (1970 2,58, 1983
1,46) bleiben auch immer mehr Frauen freiwillig
kinderlos. Nach Schaetzungen werden die 1960
geborenen Frauen zu ca. 25 % kinderlos bleiben.
(Groenendijk/de Wit S. 122) Die Literatur geht
davon aus, dass dies eine positive Auswirkung auf
die Arbeitsmarktteilnahme von Frauen haben wird.
Bei dieser Sichtweise wird meiner Meinung nach
verschleiert, dass die Frauen gerade die
Kinderlosigkeit waehlen, um ununterbrochen am
Berufsleben teilnehmen zu koennen. Dass viele Frauen
ihr Berufs- und Familienleben genau planen,
beweist auch der neue Trend, das erste Kind erst
nach dem 30. Lebensjahr zu bekommen.
(Groenendijk/de Wit S. 123)
Die Arbeitsmarktsituation von Frauen in den
Niederlanden ist vergleichbar mit der der Frauen
in der Bundesrepublik. Geringes Ausbildungsniveau,
Beschraenkung auf einige wenige Berufsgruppen,
Vorurteile, sowie veraltete oder fehlende
Berufserfahrung, erschweren Frauen die Teilnahme
am Berufsleben.
(Gewestelijk Arbeidsbureau Leeuwarden S. 50f)
In den Niederlanden uebt darueber hinaus der Wohnort
einen Einfluss auf die Moeglichkeiten der Frauen
aus, einer bezahlten Arbeit nachzugehen. Frauen
aus laendlichen Gebieten finden haeufig keine
Arbeitsstelle oder sind gezwungen, grosse
Entfernungen zwischen Wohn- und Arbeitsplatz
zurueckzulegen.
Erschwert wird diese Situation durch fehlende
Einrichtungen zur Kinderbetreuung. So gibt es
z.B. in Nordfriesland nur 1 Kindertagesstaette.
(Gewestelijk Arbeidsbureau Leeuwarden S. 53f)
Durch die Tatsache, dass die Frau immer noch die
Hauptverantwortung traegt fuer die Versorgung von
Haushalt und Kindern, ist eine Erwerbstaetigkeit
haeufig in nur eingeschraenktem Masse moeglich. Um
sich beides zu ermoeglichen bleibt oft nur die
Alternative, einer Teilzeitarbeit nachzugehen.
1988 machten Teilzeitbeschaeftigungen 25 % aller
Arbeitsmoeglichkeiten in den Niederlanden aus.
(CNV S. 5) 1990 wurden 70,4 % der
Teilzeitstellen von Frauen besetzt.
(Emancipatieraad 1991 S. 3) Mehr als die Haelfte
(61 %) aller erwerbstaetigen Frauen sind
Teilzeitbeschaeftigte. Damit stehen die Niederlande
in Europa an der Spitze. (CNV S. 5)
3.2.3. Ethnische Frauen
Im Jahr 1986 lebten ca. 635.000 auslaendische
Maenner und Frauen in den Niederlanden, und machten
damit ungfaehr 4,4 % der Gesamtbevoelkerung aus.
Neben den "Gastarbeitern" aus dem Mittelmeerraum
leben in den Niederlanden Minderheiten aus den
ehemaligen Kolonien Surinam, von den Molukken und
den Antillen. Hinzu kommen ca. 70.000 Chinesen,
eine wirtschaftlich unabhaengige Minderheit, die in
den Statistiken kaum in Erscheinung tritt.
(Emancipatieraad 1988 S. 19)
Die Situation der auslaendischen Frauen zu
generaliesieren ist nicht moeglich. Zwischen
Kultur, Lebensgewohnheiten und dem Grund, warum
sie in den Niederlanden leben, bestehen grosse
Unterschiede. So ist die Position der Frauen zum
einen abhaengig von dem Platz, den sie in ihrer
eigenen Bevoelkerungsgruppe einnehmen, zum anderen
von dem Platz, der dieser Bevoelkerungsgruppe in
der niederlaendischen Gesellschaft zuteil wird.
(Oudijk/Wal S. 110)
Den groessten Anteil der Frauen aus den
Mittelmeerlaendern bilden die Tuerkinnen (87.000)
und die Marokkanerinnen (65.000). Hier werden
gravierende Unterschiede bereits sichtbar.
Ungefaehr 50% der Tuerkinnen in erwerbsfaehigem Alter
sind berufstaetig bzw. suchen Arbeit. Die Zahl der
erwerbstaetigen Marokkanerinnen ist dagegen so
gering, dass sie von den Statistiken nicht mehr
erfasst wird. (Emanciepatieraad 1991 S. 1 u. 3f)
Ursachen sind, dass 49 % der Marokkanerinnen juenger
sind als 15 Jahre (18 % der Niederlaenderinnen sind
unter 15 Jahren) und die durchschnittliche
Kinderzahl der Frauen bei 5,8 liegt (1,5 in den
Niederlanden). (Emanciepatieraad 1988 S. 20)
Die Hauptverantwortlichkeit fuer die Familienarbeit
gilt fuer ethnische Frauen ebenso wie fuer die
niederlaendische Frau;, abhaengig von den
traditionellen Wertvorstellungen sogar in
verstaerktem Masse. So ist auch sie in ihrer
Erwerbstaetigkeit Einschraenkungen unterworfen.
(Breek S. 30)
Die Situation ethnischer Frauen ist gekennzeichnet
durch hohe Arbeitslosigkeit, bedingt durch
mangelhafte Berufsqualifikation und beschraenkte
Arbeitsvergangenheit. (Breek S. 25) Die
Problematik verstaerkt sich, da die Frauen im
Durchschnitt mehr Kinder haben als niederlaendische
Frauen. Bei Frauen aus Surinam und den Antillen
kommt hinzu, dass sie einen groesseren Bedarf an
Kinderbetreuung haben, da sie ihre Kinder haeufig
allein erziehen. (Oudijk/Wal S. 112)
Auch in den Niederlanden ist das Leben der
ethnischen Frauen bestimmt durch Isolation und die
Belastung als Frau, Mutter, Erwerbstaetige und
Auslaenderin.
3.3. Zusammenfassung
Es laesst sich feststellen, dass die Situation der
Frauen in der Bundesrepublik Deutschland und den
Niederlanden, hinsichtlich der Berufs- und
privaten Alltagsarbeit, vergleichbar ist.
Obwohl das herkoemmliche Ein-Verdiener-Modell an
Geltung verloren hat, sind es heute noch die
Frauen, die zugunsten der Familie im Erwerbsleben
zurueckstecken.
Dies gilt vor allem in den Niederlanden, wo
Berufstaetigkeit von verheirateten Frauen noch
immer nicht in die, speziell fuer Frauen geltenden,
Rollenerwartungen passt. Die niederlaendische
Gesellschaft basiert auf dem Prinzip der
erwerbsfreien, verheirateten Frau. Hier sind
traditionelle, zum Teil durch den calvinistischen
Charakter der Gesellschaft beeinflusste
Wertvorstellungen heute noch spuerbar.
So nimmt der Mann zwei Rollen ein, die Berufs- und
die Familienrolle, von der Frau hingegen wird
erwartet, dass ihre einzige Rolle, die Familien-
rolle, Prioritaet hat.
In diesem Zusammenhang muss auch heute die Berufs-
rolle der Frau sekundaer bleiben. In welchem
Masse die Frauen dies verinnerlicht haben, beweist
die Tatsache, dass die Ausweitung der
Frauenerwerbstaetigkeit auf die Zunahme der
Teilzeitarbeit zurueckzufuehren ist. Obwohl die
Niederlande im europaeischen Vergleich,
hinsichtlich der Frauenerwerbsarbeit, unter dem
Durchschnitt liegen, nehmen sie bezueglich der
Teilzeitarbeit eine Spitzenstellung ein.
4. Frauen- und Familienpolitik
4.1. Bundesrepublik Deutschland
4.1.1. Familienpolitische Massnahmen fuer berufstaetige
Muetter
Das neu entstandene doppelte Leitbild der Frau
bedarf einer familienfreundlicheren Gestaltung des
Arbeitslebens. Seit den 70iger Jahren ist es das
Anliegen der Frauenbewegung eine Situation zu
schaffen, die Frauen eine bessere Vereinbarkeit
von Beruf und Familie ermoeglicht.
(Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik S. 167)
Eine immer noch auf den Mann abgestimmte
Arbeitswelt erfordert politische Massnahmen, die
den Frauen den Eintritt in den Beruf und die
Ausgestaltung ihres Erwerbslebens erleichtert.
4.1.1.1. Mutterschutz
In der Schwangerschaft steht jede Frau unter dem
besonderen Schutz des Staates.
Das Mutterschutzgesetz gilt fuer alle weiblichen
Beschaeftigten, die in einem privatrechtlichen
Arbeitsverhaeltnis stehen (fuer Beamtinnen gelten
vom Bundesland abhaengige Bestimmungen, die dem
Mutterschutzgesetz angelehnt sind).
Waehrend der Schwangerschaft besteht ein
Kuendigungsschutz, Ausnahmen sind nur in
Sonderfaellen zulaessig.
Darueberhinaus duerfen werdende Muetter nicht
beschaeftigt werden, wenn die Taetigkeit das Leben
und die Gesundheit von Mutter oder Kind gefaehrdet.
Ab der sechsten Woche vor dem errechneten
Geburtstermin beginnt die Schutzfrist, es sei
denn, die Schwangere erklaert sich ausdruecklich
zur Weiterarbeit bereit.
Bis zum Ablauf von acht Wochen (bei Frueh- und
Mehrlingsgeburten 12 Wochen) nach der Entbindung
darf die Mutter die Arbeit nicht wieder aufnehmen.
Waehrend dieser Schutzfristen erhaelt die Frau von
der gesetzlichen Krankenkasse Mutterschaftsgeld in
Hoehe von bis zu DM 25,- pro Kalendertag. Die
eventuelle Differenz zwischen Mutterschaftsgeld
und Nettoverdienst uebernimmt der Arbeitgeber,
bzw. bei Kleinbetrieben eine Ausgleichskasse.
(Presse- und Informationsamt S. 57)
4.1.1.2. Erziehungsurlaub und Erziehungsgeld
Im Anschluss an den Mutterschutz besteht seit 1986
fuer Muetter und Vaeter die Moeglichkeit die Erwerbs-
taetigkeit zu unterbrechen, um sich ihrem Kind zu
widmen. (BMJFFG Okt. 1989 S. 47)
Bei Kindern vom Geburtsjahrgang 1992 an betraegt
der Elternurlaub drei Jahre. Er muss spaetestens
einen Monat vor seinem Beginn beantragt, und es
muss verbindlich erklaert werden, wie lange er
dauern soll.
Seit Januar 1992 koennen sich Vater und Mutter bis
zu dreimal mit dem Erziehungsurlaub abwechseln,
bisher war dies nur einmal moeglich. Darueberhinaus
sind seit diesem Zeitpunkt Vaeter nichtehelicher
Kinder ebenfalls berechtigt Erziehungurlaub und
-geld in Anspruch zu nehmen, sofern die Mutter
einverstanden ist und beide Eltern mit dem Kind in
einem Haushalt leben.
In der Zeit des Erziehungsurlaubes darf keine
Kuendigung ausgesprochen werden, und nach der
Rueckkehr besteht ein Anspruch auf eine
gleichqualifizierte und -bezahlte Stelle, nicht
aber auf den alten Arbeitsplatz.
(BMJFFG Jan. 1989 S. 18ff)
Einen Anspruch auf Erziehungsgeld haben alle
Muetter bzw. Vaeter, also auch Hausfrauen und
Selbstaendige. Das Erziehungsgeld betraegt DM 600,-
und wird vom Bund fuer 18 Monate (ab 1993 fuer 24
Monate) gezahlt. Waehrend des Erziehungsurlaubs
ist beim bisherigen Arbeitgeber eine Beschaeftigung
bis zu 19 Wochenstunden, ohne Anrechnung auf des
Erziehungsgeld, moeglich.
In den ersten sechs Monaten wird das Erziehungs-
geld einkommensunabhaengig gewaehrt, ab dem siebten
Monat gelten Einkommensgrenzen.
(BMJFFG Jan. 1989 S. 6ff)
4.1.1.3. Krankheit des Kindes
Seit 1974 haben sozialversicherungspflichtig be-
schaeftige Eltern die Moeglichkeit, zur Pflege
erkrankter Kinder, Sonderurlaub zu nehmen.
Seit Januar 1992 steht den Eltern eines kranken
Kindes unter 12 Jahren ein Sonderurlaub von 10
Tagen pro Elternteil zu (Alleinerziehenden 20
Tage). Muessen mehrere Kinder gepflegt werden, so
erhoeht sich der Anspruch auf 25 Tage (bei Allein-
erziehenden auf 50 Tage) pro Kalenderjahr.
Besteht keine tarifliche Regelung auf bezahlte
Freistellung gegen den Arbeitgeber, so traegt die
Krankenkasse die Lohnkosten.
(BMJFFG Jan. 1989 S. 61)
4.1.2. Foerderprogramme fuer Frauen
Neben den familienpolitischen Massnahmen sollen
spezielle Foerderprogramme Frauen den Wunsch nach
Rueckkehr in den Beruf erfuellen, die Verein-
barkeit von Beruf und Familie erleichtern sowie
die berufliche Gleichstellung von Mann und Frau
foerdern.
Im oeffentlichen Dienst sind diese Ziele
ansatzweise verwirklicht. Die Richtlinien zur
beruflichen Foerderung enthalten Regelungen
hinsichtlich besserer Chancen bei Einstellung, Be-
foerderung, Teilzeitarbeit, Fortbildung sowie bei
Wiederaufnahme der Arbeit nach Beurlaubung. Auf
diesem Wege soll Frauen die Moeglichkeit eroeffnet
werden in staerkerem Masse in hoehere Positionen
vorzudringen. (BMJFFG Okt. 1989 S. 41)
In einigen Bundeslaendern ist darueberhinaus in den
Richtlinien festgelegt, dass bei der Einstellung
gleichqualifizierte Frauen gegenueber maennlichen
Mitbewerbern zu bevorzugen sind.
(Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik S. 214)
Die vieldiskutierte Quotenregelung wird jedoch von
der Bundesregierung als 'nicht gangbarer Weg' der
Frauenfoerderung abgelehnt.
Systematische Frauenfoerderung ist dagegen in der
Privatwirtschaft noch nicht zu verzeichnen. Der
"Leitfaden zur Frauenfoerderung in Betrieben" weist
zwar auf Moeglichkeiten und Massnahmen hin
(BMJFFG Okt. 1989 S. 42), beinhaltet allerdings nur
Anregungen und Empfehlungen.
Eine Massnahme, die sich bereits in der privaten
Wirtschaft durchgesetzt hat, ist die Foerderung
junger Frauen in technisch-gewerblichen Berufen.
Hier wird im Rahmen des Facharbeitermangels ganz
deutlich, dass die Frauenfoerderung der Privat-
wirtschaft auf Eigeninteressen basiert und weniger
die Eingliederung der Frauen ins Erwerbsleben
verfolgt.
(Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik S. 217)
Neben diesen Foerderprogrammen sollen Qualifika-
tionsmassnahmen arbeitslosen Frauen und Muettern,
die wegen der Kinder aus dem Erwerbsleben
ausgeschieden sind, den Wiedereintritt ins Berufs-
leben ermoeglichen.
Zur Verbesserung der Weiterbildungsangebote fuer
Frauen hat sich das Bundesministerium fuer Bildung
und Wissenschaft mehrere Ziele gesetzt:
- staerkere Beruecksichtigung frauenspezifischer
Belange
- Weiterentwicklung der Bildungsangebote
- Entwicklung neuer Weiterbildungsmodelle
- Verbesserung der Rahmenbedingungen,
z.B. Kinderbetreuung
(BMBW S. 13f)
Niedrige Teilnehmerzahlen beweisen, dass
Veraenderungen in Fortbildung und Umschulung
dringend notwendig sind. Obwohl 1986 die Haelfte
der registrierten Arbeitslosen Frauen waren,
nahmen sie nur mit 32 % an Weiterbildungsmassnahmen
teil. (Gottschall S. 37)
Um die Teilnahme von Frauen an Qualifikationslehr-
gaengen zu stimulieren, bedarf es der Schaffung
entsprechender Rahmenbedingungen. Ein grosses
Hindernis sieht die Konzertierte Aktion Weiter-
bildung (KAW), deren Mitglieder Spitzenverbaende
der Weiterbildung, Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-
organisationen sowie Bund, Laender und Kommunen
sind, in den fehlenden Kinderbetreuungsangeboten.
Die KAW hat es sich u.a. zur Aufgabe gemacht, dazu
beizutragen, dass Frauen mit Kindern eine
Moeglichkeit finden Weiterbildungsangebote in
Anspruch zu nehmen. (BMBW S. 43)
Die Fortbildungsangebote fuer Frauen, vor allem
fuer erwerbslose und gering qualifizierte,
beschraenken sich haeufig auf kurzzeitige Massnahmen,
die lediglich der Beratung und Orientierung
dienen. (Gottschall S. 37) Im Rahmen des
Freiburger Modells werden z.B. seit 1979, vor
allem in CDU-regierten Bundeslaendern, 9-woechige
Kurse fuer Frauen angeboten. Diese Kurse sollen
Interessen und Begabungen foerdern, auf die
Moeglichkeiten ehrenamtlicher Taetigkeiten
hinweisen, auf eine Rueckkehr in den Beruf
vorbereiten, oder eine Entscheidungshilfe zum
bewussten Verzicht auf eine Erwerbstaetigkeit
darstellen.
(Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik S. 205)
Diese Art der Weiterbildung, die eher wie eine
Beschaeftigungstherapie wirkt, bietet den Frauen in
der Regel keinerlei Chancen auf einen beruflichen
Wiedereinstieg. Nur ein geringer Teil der Frauen
findet nach einer erfolgreich beendeten
Qualifikationsmassnahme einen, ihren Faehigkeiten
entsprechenden, Arbeitsplatz. (Gottschall S. 37)
Viele Umschulungsangebote und Weiterbildungs-
massnahmen (fuer Frauen und Maenner) erwecken den
Anschein, dass sie ausschliesslich der Schoenfaerbung
von Arbeitslosenstatistiken dienen.
4.1.3. Frauenpolitik
"Maenner und Frauen sind gleichberechtigt." Diese
Gleichbehandlungsgarantie im Artikel 3, Absatz 2
des Grundgesetzes besteht seit 1949.
Zwar gibt es heute, 43 Jahre nach Einfuehrung
dieses Gebotes, keine unmittelbaren gesetzlichen
Benachteiligungen mehr fuer Frauen,
(BMJFFG Jan. 1989 S.8) aber ein Blick auf die
Arbeitsmarktsituation sowie die Moeglichkeiten
Beruf und Familie zu vereinbaren macht klar, dass von
Gleichheit zwischen Maennern und Frauen noch keine
Rede sein kann.
Die schulische Ausbildung von Maedchen entspricht
heute der der Jungen. Obwohl sie im Durchschnitt
bessere Schulabschluesse vorweisen koennen, sind
ihre Chancen beim Zugang zu einer Berufsausbildung
weiterhin schlechter. (BMJFFG Okt. 1989 S.17)
Vor allem in Zeiten der Rezession sind es die
Frauen, die ueberproportional von Arbeitslosigkeit
betroffen sind. Ein grosser Teil der Frauen geht
von der Arbeitslosigkeit in die "stille Reserve",
d.h. sie melden sich nicht beim Arbeitsamt und
gelten somit nicht als Arbeitsuchende. Arbeits-
losenstatistiken spiegeln durch diese verdeckte
Arbeitslosigkeit nur teilweise die Wirklichkeit
wieder.
Obwohl die Bundesregierung junge Frauen zur
qualifizierten Ausbildung ermuntert und Projekte
fuer Berufsrueckkehrwillige anbietet, erscheinen
diese Massnahmen halbherzig.
1985 rief die Koelner Vereinigung "Frauen gegen
Arbeitslosigkeit" die Frauen dazu auf sich bei den
Arbeitsaemtern zu melden. Die Reaktion der
Bundesregierung war eine Warnung vor den negativen
Folgen hinsichtlich einer Ueberlastung der
Arbeitsaemter.
Dies erscheint jedoch eher als ein Mittel zur
Beschoenigung der Arbeitslosenstatistiken und
verhindert gleichzeitig, dass die Frauen ihre
erwerbslosen Zeiten als Ausfallzeiten fuer ihre
Rente geltend machen. (Gerhard S. 59)
Seit Mai 1985 hat der Arbeitgeber die Moeglichkeit,
im Rahmen des Beschaeftigungsfoerderungsgesetzes,
befristete Arbeitsvertraege abzuschliessen. Von
diesem voraussichtlich bis 1995 geltenden Gesetz
sind in grossem Umfang Frauen betroffen. Hier
bietet sich dem Arbeitgeber die Moeglichkeit den
Konsequenzen des Mutterschutzgesetzes und des
Bundeserziehungsgeldgesetzes zu entgehen.
(Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik S. 229)
Konkret bedeutet dies fuer Frauen den
Wegfall des Kuendigungsschutzes waehrend der
Schwangerschaft sowie den Verlust der
Wiedereinstellungsmoeglichkeit nach Ablauf des
Erziehungsurlaubes.
Die Gefahr, dass vor allem Frauen durch befristete
Arbeitsvertraege benachteiligt werden, hat die SPD
dazu veranlasst, das Beschaeftigungsfoerderungsgesetz
im Bundesrat abzulehnen.
(Parlamentarische Staatssekretaerin S. 112)
In den ersten drei Jahren des 1986 in Kraft
getretenen Bundeserziehungsgeldgesetzes haben
ungefaehr 97 % der Eltern (84 % der Alleinerzie-
henden) von dieser Moeglichkeit Gebrauch gemacht.
(BMJFFG Okt. 1989 S. 47) 49 % der BezieherInnen
von Erziehungsgeld waren zuvor erwerbstaetig.
(Baecker S. 193)
Obwohl dieses Gesetz fuer Muetter und Vaeter gilt,
nehmen Maenner die Leistungen dieses Gesetzes nur
in verschwindend geringem Umfang in Anspruch.
Die SPD, die bereits seit 1980 einen dreijaehrigen
Elternurlaub forderte, haelt das Erziehungsgeld von
DM 600,- fuer zu niedrig und sieht hierin vor allem
eine Benachteiligung von Alleinerziehenden. Ihr
Ziel ist ein hoeheres, generell einkommenab-
haengiges Erziehungsgeld.
(Parlamentarische Staatssekretaerin S. 110f)
Die geringe Hoehe des Erziehungsgeldes, die
Tatsache, dass Maenner im Durchschnitt das hoehere
Einkommen haben, und die immer noch geltende
geschlechtsspezifische Rollenverteilung, sind die
Gruende, warum Vaeter vom Erziehungsurlaub nur
selten Gebrauch machen. (Baecker S. 198)
Muetter, die nach dem Mutterschutz auf den
Erziehungsurlaub verzichten wollen, um weiterhin
erwerbstaetig zu sein, haben, dank der fehlenden
Einrichtungen zur Kleinkinderbetreuung, dazu nur
in geringem Masse eine Chance. So sah der
Referentenentwurf des Jugendhilfegesetzes, durch
die Moeglichkeit zum Elternurlaub, keine
Notwendigkeit in der Einrichtung weiterer Krippen
und Tagesstaetten fuer Kinder unter drei Jahren.
(Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik S. 201)
Aenderungen in der Frauen- und Familienpolitik
lassen sich vor allem in Zeiten hoher
Arbeitslosigkeit verzeichnen. Hier werden die
Frauen verstaerkt auf die Familie verpflichtet und
vom Arbeitsmarkt verdraengt. Ausgebaut werden
Massnahmen, die auf einen Berufsverzicht hinwirken,
und abgebaut werden Massnahmen, die eine
Vereinbarkeit von Beruf und Familie erlauben.
Die Argumentation, dass weibliche Berufstaetigkeit
zu einer Arbeitslosigkeit bei Maennern fuehrt ist
jedoch falsch.
Auf der einen Seite sind Frauen ueberwiegend in
bestimmten Berufsfeldern taetig, in denen Maenner
generell unterrepraesentiert sind, und sie
bekleiden auf der anderen Seite in der Hauptsache
die unteren Funktionsebenen.
So verbessern sich die Chancen eines arbeitslosen
Lehrers nicht, wenn eine Friseurin sich gegen den
Beruf und fuer die Familie entscheidet.
(Beck-Gernsheim 1984 S. 163)
Ist auch der erste, oberflaechliche Eindruck
hinsichtlich der Frauen- und Familienpolitik
positiv, so wird beim zweiten Blick klar, dass die
Erleichterungen fuer die Frauen gleichzeitig die
alte Rollenverteilung stuetzen.
Zwar verkuendet die CDU mit ihrer Familienpolitik
die Wahlfreiheit zwischen Beruf und Familie. (Ar-
beitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik S. 168)
Zugleich betont sie aber, "Die Taetigkeit im Hause
und fuer Kinder ... muss wieder mehr Anerkennung
finden.". (Beck-Gernsheim 1984 S. 154)
Neben dem angespannten Arbeitsmarkt und der
Geburtenentwicklung, sieht die Regierung ein
Argument ihrer Familienpolitik in der Befreiung
der Frau, vom Zwang berufstaetig zu sein.
(Beck-Gernsheim 1984 S. 169)
Von einer wirklichen Wahlmoeglichkeit kann
allerdings bis heute keine Rede sein. Fehlende
Kinderbetreuungseinrichtungen sowie die
bestehenden Kindergartenoeffnungszeiten sind ein
wirksames Mittel Frauen von der Ausuebung eines
Berufes abzuhalten. (Beck 1990 S. 187)
So wird aus der Befreiung der Frau von der
Berufsrolle ein Zwang der Mutter zur
Familienrolle.
4.2. Niederlande
4.2.1. Familienpolitische Leistungen fuer berufstaetige
Muetter
4.2.1.1. Mutterschutz
Seit dem 02. 03. 1990 betraegt der Schwanger-
schaftsurlaub 16 Wochen.
Diese 16 Wochen kann sich die Frau selbst
einteilen, mit der Einschraenkung, dass sie vier
Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin nicht
mehr arbeiten darf. Krankentage ab der sechsten
Woche vor der Geburtstermin werden, ungeachtet der
Krankheit, auf den Schwangerschaftsurlaub
angerechnet.
Waehrend der Schutzfristen erhaelt die Frau
Krankengeld im Sinne des Krankengesetzes. Nach der
Neuregelung erhalten inzwischen auch freiwillig
Versicherte eine Unterstuetzung.
Gemaess CAO ( Colectiv Arbeids Overeenkomst,
Tarifvereinbarung) kann der Arbeitgeber
verpflichtet sein, die Differenz zwischen
Krankengeld und Lohn aufzustocken.
(Stichting van de Arbeid, Beilage S. 2)
Seit 1979 ist darueberhinaus der Kuendigungsschutz
fuer schwangere Frauen im Buergerlichen Gesetzbuch
verankert. (MiSoZaWe Jan. 1987 S. 5)
Nach dem Wegfall des Nachtarbeitverbotes fuer
Frauen in der Industrie 1989, wurde dem
Arbeitsgesetz ein Artikel beigefuegt, der den
Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeits- und
Ruhezeiten den speziellen Umstaenden der
schwangeren Arbeitnehmerinnen anzupassen. Ausserdem
wurden bestimmte, schuetzende Bestimmungen ins
Gesetz (Arbeidsomstandinghedenwet) aufgenommen,
die dem Geschlecht sowie der koerperlichen und
geistigen Verfassung der ArbeitnehmerInnen
Rechnung tragen sollen.
Gleichzeitig ermoeglicht das Krankengesetz den
schwangeren Frauen ein Fernbleiben vom
Arbeitsplatz, falls die Taetigkeit Leben oder
Gesundheit von Mutter und/oder Kind gefaehrdet.
Auch nach der Geburt des Kindes stehen der Frau
Arbeitserleichterungen zu. So erhaelt die Mutter
bis zu einem Viertel ihrer Arbeitszeit
Gelegenheit,um ihr Kind zu stillen.
(Stichting van de Arbeid, Beilage S. 2f)
4.2.1.2. Elternurlaub
Seit dem 01. 01. 1991 haben alle erwerbstaetigen
Maenner und Frauen, die ein familienrechtliches
Verhaeltnis zu dem Kind haben, ein Recht auf
Elternurlaub. Ein familienrechtliches Verhaeltnis
besteht bei der Mutter, dem ehelichen Vater, dem
nichtehelichen Vater sofern er das Kind anerkennt
und Adoptiveltern.
Der Elternurlaub gilt auch wenn kein
familienrechtliches Verhaeltnis vorliegt, aber die
ArbeitnehmerInnen eine andauernde, versorgende und
erziehende Rolle einnehmen und dieselbe Adresse
haben wie das Kind.
Zu diesen Personengruppen gehoeren auch die neuen
PartnerInnen oder die nicht verheirateten Vaeter,
die ihre Kinder n i c h t anerkennen.
Der Begriff Elternurlaub (Ouderschapsverlof) ist
irrefuehrend, denn es handelt sich hierbei
lediglich um einen unbezahlten Teilzeiturlaub.
Fuer die Zeit von sechs Monaten koennen die
ArbeitnehmerInnen die woechentliche Arbeitszeit auf
20 Stunden verkuerzen. Dies gilt fuer jedes Kind
unter vier Jahren und wird bei Mehrlingsgeburten
nicht verlaengert. Der Elternteilzeiturlaub muss
hintereinander genommen und darf nicht aufgeteilt
werden.
Voraussetzung fuer die Inanspruchnahme dieser
Regelung ist, dass die ArbeitnehmerInnen mindestens
seit einem Jahr bei dem gleichen Arbeitgeber
beschaeftigt sind und ein Kind unter vier Jahren
haben.
Dieser Teilzeitelternurlaub kann vom Arbeitgeber
nicht verweigert werden und begruendet keine
Kuendigung. Die genaue Ausgestaltung des
Elternurlaubs, d.h. die Verteilung der Urlaubs-
und Arbeitszeiten, sollen von ArbeitnehmerInnen
und Arbeitgeber gemeinsam geplant werden.
(MiSoZaWe Dez. 1990)
Der Elternurlaub muss mindestens zwei Monate vor
Antritt, unter Angabe des Zeitraums, sowie der
gewuenschten Stundenverteilung, beantragt werden.
Bis vier Wochen vor dem Elternurlaub hat der
Arbeitgeber die Moeglichkeit aus "wichtigen
Gruenden" eine andere Planung aufzustellen;
allerdings nur in Absprache mit den Betroffenen.
(Monster S. 38)
Der Elternurlaub ist unbezahlt, d.h. es werden
ausschliesslich die geleisteten Stunden verguetet.
Bei Krankheit waehrend des Elternurlaubs, erhalten
die ArbeitnehmerInnen ein Krankengeld von 70 % des
letzten Gehaltes. Dauert die Krankheit, nach
Ablauf der sechs Monate noch an, so erhoeht sich
die Unterstuetzung automatisch auf der Basis des
regulaeren Gehaltes. (MiSoZaWe Dez. 1990)
4.2.1.3. Notlagenurlaub
Unter Notlagenurlaub (Calamiteitenverlof) sind
"Urlaubstage" zu verstehen, die in Anspruch
genommen werden koennen, wenn eine nicht
vorhersehbare Versorgungsnotlage eintritt.
In der Hauptsache gilt dies fuer die Pflege
kranker Kinder, aber auch, wenn z.B. die
Kinderbetreuung ausfaellt. Im letzteren Fall dient
der Notlagenurlaub dazu eine andere Regelung oder
Loesung zu finden.
Da der Notlagenurlaub ueber die CAO ( Colectiv
Arbeids Overeenkomst ) geregelt wird, bestehen
hier verschiedene Vereinbarungen.
(Stichting van de Arbeid, Beilage S. 4)
4.2.2. Foerderprogramme fuer Frauen
Durch die Verknappung von Fachkraeften seit Ende
der 80iger Jahre, vor allem im gewerblich-
technischen Bereich und in Managementfunktionen,
hat sich die Aufmerksamkeit der Wirtschaft auf die
ungenutzten Talente der Frauen gerichtet.
Um systematisch die Arbeitssituation von Frauen zu
verbessern, wurde ein Foerderprogramm, "Programma
Voor Positieve Actie" entwickelt.
(MiSoZaWe Dez. 1989 S. 1 u. 3)
Dieses Programm beinhaltet fuenf Schritte:
1.) Initiative und Ausmasserklaerung
2.) Bestandsaufnahme und Analyse
3.) Zweckbestimmung und Massnahmen
4.) Beschlussformung und Ausfuehrung
5.) Wert- und Nutzenbestimmung
Voraussetzung fuer dieses Programm ist, dass sich
Firmenangehoerige, z.B. die Betriebsleitung oder
die Gewerkschaft, zur Ausfuehrung bereit erklaeren
und darlegen, in welchem Umfang das Programm im
Betrieb durchgefuehrt werden soll.
Im zweiten Schritt geht es um die Bestandsaufnahme
des derzeitigen Personals und der sich
abzeichnenden Engpaesse sowie der Analyse
hinsichtlich des Niveaus, der Funktionen, der
Bezahlung und der Aufstiegschancen von Frauen.
Bei der Zweckbestimmung wird der Aktionsplan
konkretisiert, d.h. Prioritaeten gesetzt, Massnahmen
bestimmt und ein Zeitplan festgelegt.
In der naechsten Phase wird der ausgearbeitete Plan
den fuer Personalangelegenheiten zustaendigen
Organen vorgestellt. Nach deren Zustimmung folgt
die Ausfuehrung des Programms.
Zur Beurteilung der Effektivitaet der Massnahmen
sind im letzten Schritt regelmaessige Ueberpruefungen
notwendig. (MiSoZaWe Okt, 1989 S. 9ff)
Das niederlaendische Kabinett unterstuetzt dieses
Aktionsprogramm durch die Einfuehrung einer
"Stimmulationsregelung". Diese Regelung ermoeglicht
den Firmen und Betrieben eine Bezuschussung fuer
bestimmte Kosten, die im Zusammenhang mit dem
Aktionsprogramm "Positieve Actie" anfallen.
Konkrete Regelungen hinsichtlich Teilzeitarbeit,
Kinderbetreuung und Vereinbarkeit von Beruf und
Familie existieren in diesem Zusammenhang
allerdings nicht. Diese Problematik wird fuer
loesbar gehalten (MiSoZaWe Dez. 1989 S. 3)und bedarf
keiner weiteren Aufmerksamkeit.
4.2.3. Frauenpolitik
"Trotz vieler Verbesserungen ist bei der
gesellschaftlichen Situation der Frauen immer noch
die Rede von Rueckstand." (CDA S. 55)
Dies zu veraendern ist das erklaerte Ziel des
Christ-Demokratischen Appel (CDA, Christlich-
Demokratischer Aufruf), der Schwesterpartei der
CDU (der CDA ist weiter links im politischen
Spektrum einzuordnen ).
Der CDA will in seiner Regierungspolitik der
Arbeitsvermittlung von Frauen, die wieder auf den
Arbeitsmarkt draengen, besondere Aufmerksamkeit
zukommen lassen. (CDA S. 25) Hinsichtlich der
Rahmenbedingungen der Erwerbstaetigkeit von Frauen,
wird der grosse kirchliche Einfluss auf die Politik
deutlich. Der CDA, der ein Verbund mehrerer
religioes gepraegter Parteien ist, will weiterhin
die Verantwortlichkeit fuer die Kinderbetreuung in
den Haenden der Eltern wissen. (CDA S. 51)
Zwar gibt der Staat mit seiner eigenen
Personalpolitik ein Vorbild, indem er im
oeffentlichen Dienst weiblichen Bewerbern, bei
gleicher Qualifikation, den Vorzug gibt,
gleichzeitig will die Regierung die Anzahl der
Betreuungsangebote fuer Kinder nicht erhoehen.
(MiSoZaWe Jan. 1987 S. 9)
Die ebenfalls an der Regierung beteiligte
Arbeiterpartei (PvdA) vertritt dagegen den
Standpunkt, dass bei der Foerderung der
Frauenerwerbsarbeit nicht zugleich deren
wichtigste Voraussetzung, die Kinderbetreuung,
vernachlaessigt werden darf. (PvdA S. 12)
Die Politik des CDA richtet sich auf die Schaffung
von Bedingungen, in denen Privatinitiativen
Prioritaet haben. Der Einsatz von Staatsmitteln fuer
die Kinderbetreuung soll ausschliesslich den
weniger tragfaehigen Haushalten zugute kommen.
(CDA S. 51) Die Ablehnung der Subventionierung von
Kinderbetreuungseinrichtungen zieht sich durch
viele der im niederlaendischen Parlament
vertretenen Parteien.
So haelt es die Reformatorisch Politieke Federatie
(RPF) nicht fuer eine Aufgabe des Staates Gelder
fuer die Kinderbetreuung auszugeben.
In ihrem Wahlprogramm geht sie bezueglich der
Frauenpolitik noch weiter. Sie fordert die
Obrigkeit dazu auf, sich jeglicher Aktivitaeten zu
enthalten, die dazu fuehren, dass Frauen, gegen
ihren Willen, Verpflichtungen auferlegt werden,
die nicht mit den biblischen Normen und Werten
uebereinstimmen. Die Frau muss die Wahlfreiheit
behalten sich vollstaendig der Versorgung von Mann
und Kindern zu widmen.
Konkret verfolgt die RPF u.a. folgende
Aktionspunkte:
- Die Emanzipationspolitik darf nicht laenger ein
Hauptpunkt der Politik sein.
- Der Emancipatieraad muss, wegen einseitiger
Interessenvertretung eines Teils der Bevoelke-
rung, aufgeloest werden.
- Zuschuesse fuer fuer Emanzipations-Aktivitaeten
muessen gestrichen werden. Ueber steuerliche
Vorteile fuer verheiratete Frauen, die frei-
willig von einer Erwerbstaetigkeit absehen,
muesse nachgedacht werden.
- Die Regierung darf in keiner Weise vom Schul-
wesen verlangen, dass die sogenannten Rollen-
modelle zwischen Jungen und Maedchen durch-
brochen werden.
(RPF S. 50)
Die Ansicht, dass Emanzipationsbestrebungen Ehe und
Familie "aushoehlen" und einen negativen Einfluss
auf die Gesellschaft haben, wird nicht nur von der
RPF vertreten.
Die Staatkundig Gereformeerde Partij (SGP), nach
deren Vorstellungen Gott den Mann und die Frau
gleichwertig geschaffen hat, weist beiden
unterschiedliche Plaetze und Aufgaben innerhalb der
Gesellschaft zu. Ihrer Auffassung nach verkennt
das heutige Emanzipationsstreben, dass die primaere
Verantwortung der Frau, so sie verheiratet ist und
Kinder hat, in der Familie liegt.
In Kampf gegen die Arbeitslosigkeit verfolgt die
SGP das Ziel, Stellen vorrangig an den Ernaehrer zu
vergeben und auf die berufliche Foerderung
verheirateter weiblicher Berufsrueckkehrerinnen zu
verzichten. (SGP S. 67)
Im Daagblad vom 05. April 1990 aeussert Heer Van der
Vlies (SGP), Mitglied der Kommission fuer
Emanzipationspolitik in der Zweiten Kammer, Kritik
am Elternteilzeiturlaub. Er stellt in Frage, dass
der Elternurlaub im Interesse des Kindes liegt und
ist der Meinung, dass dieses Gesetz nicht die
Belange des Kindes beruecksichtigt, sondern die der
Eltern, die gerade, wenn es auf sie ankommt, ihre
Berufsarbeit nicht aufgeben wollen.
Er erwartet von den Eltern eine Entscheidung
zwischen Karriere (und Geld), oder den hohen
Werten Zeit und Liebe fuer die Kinder aufzubringen.
Die Kritik an familienpolitischen Massnahmen kommt
allerdings nicht allein aus der konservativen
Richtung. Seit Einfuehrung des Elternurlaubs 1991
sind fuer viele Frauen bereits Unsicherheiten
hinsichtlich der Auslegung und Anwendung des
Gesetzes spuerbar geworden.
Erste Probleme tauchen im Zusammenhang mit der
Auslegung unklarer Rechtsbegriffe auf.
Der Arbeitgeber hat die Moeglichkeit den
ArbeitnehmerInnen waehrend des Elternurlaubs
"passende arbeid" zuzuweisen. Hier bleibt bisher
ungeklaert, ob "passende arbeid" auch eine
Arbeitsposition auf niedrigerem Niveau beinhaltet.
(Monster. S. 39)
Bis vier Wochen vor dem Antritt des Elternurlaubs
kann der Arbeitgeber die, von den Arbeitnehmer-
Innen gewuenschte Stundenverteilung, aus "wichtigen
Gruenden" (wichtige redenen) aendern. Dies ist
allerdings nur in Absprache mit der Mutter bzw.
dem Vater moeglich. (MiSoZaWe Dez. 1990) Hier
bleibt auf der einen Seite die Frage offen, wie
die Regelung aussieht, wenn es zwischen beiden
"Parteien" zu keinem Konsens kommt, auf der
anderen Seite ist auch der Rechtsbegriff der
"wichtigen Gruende" nicht geklaert.
(Monster S.39)
Diese Fragen zur Auslegung der Rechtsbegriffe sind
jedoch nur die Spitze des Eisbergs.
Der Elternurlaub erweckt in vielen Muettern den
Wunsch ihre Arbeitszeit auf Dauer zu verkuerzen um
Beruf und Familie besser miteinander vereinbaren
und den Mangel an Kindergaerten ausgleichen zu
koennen. (Monster S. 39f)
Die Frauenvereinigung der PvdA (Rooie Vrouwen)
hofft, dass unter ihrem Druck und beim Durchhalten
ihrer jetzigen Politik, jeden Tag eine neue
Kindertagesstaette eroeffnet werden kann. Sie ist
sich aber auch bewusst darueber, dass noch ein
langer Weg vor ihnen liegt, bis Frauen Beruf und
Familie problemlos miteinander vereinbaren koennen.
(PvdA S. 12ff)
4.3. Zusammenfassung
Weder in der Bundesrepublik Deutschland noch in
den Niederlanden verhilft die Familien- und
Frauenpolitk den Frauen zu einer wirklichen
Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Obwohl sich
fast alle Parteien das Ziel gesetzt haben die
Situation der erwerbstaetigen Frauen und Muetter zu
verbessern, kann ich mich des Eindrucks nicht
erwehren, dass bestimmte familienpolitische
Massnahmen darauf angelegt sind, den Frauen die
Familienrolle wieder "schmackhaft" zu machen.
Der bezahlte Erziehungsurlaub in der
Bundesrepublik Deutschland zeigt den Muettern
( selten den Vaetern ) wie stressfrei Kindererziehung
sein kann. Gleichzeitig dient er dazu, dass Maenner
in den Genuss kommen, von privater Alltagarbeit
befreit zu sein und die Vorteile einer nicht
erwerbstaetigen Ehefrau schaetzen lernen.
Darueberhinaus verhindert der Erziehungsurlaub, dass
Frauen an ihrer Karriere weiterarbeiten koennen,
bindet sie staerker an die Familie und unterstuetzt
somit das traditionelle innerfamiliale
Rollengefuege.
Nach der Familienpause braucht die Frau erhebliche
Kraefte um ihr Leben neu zu organisieren, um gegen
moegliche Widerstaende innerhalb der Familie
anzukaempfen und sich einen neuen Platz in der
Arbeitswelt zu erobern. Dieser besonderen
Anstrengung, sehen sich Frauen, zusaetzlich zur
Belastung Beruf und Familie zu vereinbaren, nicht
gewachsen. Sie bleiben, worauf konservative
Frauenpolitik moeglicherweise baut, zuhause.
Aehnlich ist die Situation in den Niederlanden, wo
sehr viel lauter und offener die erwerbsfreie
Mutter gefordert wird.
Das Gesetz, das seit 1991 den Teilzeiturlaub
ermoeglicht und teilweise noch unausgereift wirkt,
bietet gegenueber dem Erziehungsurlaub in der
Bundesrepublik Deutschland allerdings einige
Vorteile.
Zum einen ist die Regelung hinsichtlich der
Anspruchsberechtigung weitreichender, zum anderen
kann die Tatsache, dass die Frauen nur waehrend des
Schwangerschaftsurlaubs dem Arbeitsplatz
fernbleiben, eine negative Auswirkung auf das
Berufsleben verhindern.
Die Moeglichkeit fuer ein halbes Jahr die
Arbeitszeit zu verkuerzen, fuehrt jedoch lediglich
zu einer Verschiebung der Problematik. Fehlende
Teilzeitstellen und ein mangelndes Angebot an
Kinderbetreuungseinrichtungen koennen bei den
Frauen zu der Erkenntnis fuehren, dass Beruf und
Familie fuer die Frau, in einer immer noch auf den
Mann abgestimmten Arbeitswelt, nur schwer zu
vereinbaren sind.
5. Kinderbetreuung
5.1. Bundesrepublik Deutschland
Das politisch verfolgte Idealbild der waehrend der
Kleinkindphase erwerbsfreien Mutter, wird
untermauert von den Verfechtern der
konventionellen Position, bei der die Mutter fuer
die Erziehung des Kindes unentbehrlich ist. Eines
ihrer Argumente ist, dass laengere Abwesenheit der
biologischen Mutter zu Hospitalismusschaeden fuehren
kann. (Krueger S. 95)
Dagegen geht die Kinder- und Jugendpsychatrie
davon aus, dass auch eine laenger andauernde
Abwesenheit der engsten Bezugsperson die
Entwicklung des Kindes nicht nachhaltig schaedigt,
wenn eine innige Gemuetsbeziehung zwischen Mutter
und Kind besteht und diese taeglich erneuert wird.
Viele Eltern halten darueberhinaus den familialen
Sozialisationraum fuer unzureichend und sehen in
der Betreuung durch eine paedagogische Fachkraft
und der Integration ihrer Kinder in Kindergruppen
einen wichtigen Schritt in der fruehkindlichen
Entwicklung. (Born S. 108)
Etwa 30 % der Muetter mit Kindern unter 3 Jahren
sind erwerbstaetig. (Andres S. 11) Die Zahl der
westdeutschen Krippenplaetze dagegen, liegt bei ca.
28.000. und versorgt ungefaehr 2 % der Kleinkinder.
(Spiegel S. 70) Zwei Drittel der vorhandenen
Krippenlaetze beschraenken sich auf die Grossstaedte
Berlin, Hamburg und Muenchen. (Andres S. 12)
Dieser Versorgungsmangel ist im Wesentlichen
darauf zurueckzufuehren, dass der Bedarf nicht
erkannt wird, weil immer noch mehr als 60 % der
Bevoelkerung die Erwerbstaetigkeit einer Mutter mit
Kleinkindern ablehnt und die Ansicht vertritt, dass
die fruehkindliche Sozialisation in der Familie
erfolgen sollte. (Baecker S. 200)
Die Situation fuer die Kinder zwischen drei und
sechs Jahren sieht zwar wesentlich besser aus,
aber dennoch fehlen auch hier rund 500.000 Plaetze.
(Spiegel S. 70)
Da die vorschulische Kindergartenbetreuung
allgemein fuer paedagogisch sinnvoll gehalten wird,
ist in diesem Bereich der Versorgungsmangel nicht
derart gravierend. (Baecker S. 200)
Voellig unzureichend dagegen ist das Betreuungs-
angebot fuer Schulkinder. Ganztagsschulen sind in
der Bundesrepublik die Ausnahme und fuer nur 1,3 %
der 7 bis 15 jaehrigen SchuelerInnen stehen nach dem
Unterricht Hortplaetze zur Verfuegung.
(Spiegel S. 71)
Diese Zahlen machen klar, dass der Grossteil der
erwerbstaetigen Muetter auf private Betreuungsformen
oder Familienangehoerige zurueckgreifen muss.
In der Bundesrepublik sind 25.000 Tagesmuetter und
Kinderfrauen registriert, die die Nachfrage bei
weitem nicht decken koennen. (Spiegel S. 71) Die
Betreuung durch eine Kinderfrau bleibt daneben,
auf Grund der erheblichen Kosten, den Eltern aus
den mittleren und hoeheren Einkommensgruppen
vorbehalten. (Baecker S. 201) Bei Familien mit
beschraenkteren finanziellen Mitteln kommen
hinsichtlich der Kinderbetreuung haeufig nur die
"kostenlosen" Familienangehoerigen in Betracht.
(Krueger S. 130) Da aber in zunehmendem Masse auch
die aelteren Frauen erwerbstaetig sind, besteht in
vielen Faellen auch die Rueckgriffsmoeglichkeit auf
die Grossmuetter nicht mehr. (Baecker S. 201)
Neben dem Mangel an Betreuungsangeboten fuer Kinder
erschweren die unguenstigen Oeffnungszeiten der
Kindergaerten eine Vereinbarkeit von Beruf und
Familie.
Auch wenn ein Kindergartenplatz zur Verfuegung
steht, ist eine Vollzeitbeschaeftigung fuer die
Mutter kaum realisierbar. Ihre Arbeitsmoeglich-
keiten sind allein schon durch die Tatsache
beschraenkt, dass die meisten Kindergaerten in der
Mittagszeit schliessen.
Flexible und laengere Oeffnungszeiten setzen u.a.
voraus, dass mehr ErzieherInnen eingestellt werden
muessten. Dies wird in den kommenden Jahren kaum der
Fall sein, da sich heute schon ein ErzieherInnen-
mangel abzeichnet. Dieser Mangel an ErzieherInnen
ist zurueckzufuehren auf das niedrige Prestige und
die schlechte Bezahlung dieses typischen
Frauenberufes. (Spiegel S. 74) Darueberhinaus
muss auch eine Mutter, die als Erzieherin taetig ist
einen Platz fuer ihre Kinder finden.
Viele Muetter reagieren auf die Betreuungsmisere
mit dem Ausstieg aus dem Beruf oder dem Wechsel in
haeufig ungeschuetzte Teilzeitbeschaeftigungen.
Viele Frauen verfolgen das Ziel, mit der
Einschulung des Kindes, wieder erwerbstaetig zu
werden. Haeufig fangen die Probleme hier jedoch
erst an. In den ersten Schuljahren kommen die
Kinder schon recht frueh und unregelmaessig nach
Hause, Stundenplaene aendern sich und Stunden fallen
aus.
(Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik S. 185)
Darueberhinaus beginnt nun eine weitere Aufgabe der
Mutter: die Betreuung der Hausaufgaben.
In keinem anderen Mitgliedsland der Europaeischen
Gemeinschaft werden den Kindern so viel
Hausaufgaben auferlegt wie in der Bundesrepublik
Deutschland. (Thooft S. 33)
Zwar sollen die Hausaufgaben ausschliesslich der
Unterstuetzung und Verfestigung des Stoffes dienen,
aber bei den heutigen schulischen Anforderungen
ist die "Hilfslehrertaetigeit" der Mutter fast
unentbehrlich geworden.
5.2. Niederlande
Kollektive Kinderbetreuung ausserhalb der Familie
ist in den Niederlanden seit dem Mittelalter
bekannt.
Die heutigen, differenzierten Betreuungsformen
allerdings sind neu. Ein steigender Bedarf an
Spiel- und Kontaktmoeglichkeiten fuer Kinder,
bedingt durch kleiner werdende Familien und die
zunehmende Erwerbstaetigkeit der Frauen, liess die
Nachfrage nach Betreuungseinrichtungen seit den
60iger Jahren steigen. (MiSoZaWe 1987 S. 11)
Von staatlicher Seite sah man jedoch keinen Grund
zur Errichtung von Kindergaerten und Krippen. Die
bereits bestehenden Einrichtungen galten lediglich
als Notloesung. (Cornelis/Hinderink S. 153)
Bis 1982 hat sich die Regierung auf den Standpunkt
gestellt, dass das Thema Kinderbetreuung in erster
Linie eine Angelegenheit fuer Privatinitiativen
sei. (MiSoZaWe 1987 S. 19)
Zwar liegen inzwischen Kabinettsplaene hinsichtlich
der Foerderung der Frauenerwerbsarbeit vor,
konkrete Vorstellungen und Massnahmen zur
Kinderbetreuung bleiben sie jedoch weiterhin
schuldig. (MiSoZaWe 1987 S. 22ff)
So rangieren die Niederlande, im Vergleich mit
anderen Staaten der Europaeischen Gemeinschaft,
bezueglich der Anzahl von Kinderbetreuungsein-
richtungen am unteren Ende. (Thooft S. 32)
Die Kinderbetreuung in den Niederlanden unterteilt
sich in formelle und informelle Einrichtungen. Zur
subventionierten formellen Versorgung zaehlen u.a.
Peuterspeelzalen ( Spielsaele fuer "Knirpse" ),
Kindertagesstaetten, Gastelternprojekte, Baby-
sitterzentralen und intergrierte Betreuung (z.B.
an Hochschulen).
Da diese Form der Betreuung nicht ausreichend und
umfassend genug ist, muessen die Eltern haeufig von
der nicht subventionierten und individuell
organisierten informellen Betreuung Gebrauch
machen. (MiSoZaWe 1987 S. 13f)
10 % der Kinder bis zwei Jahre und 75 % der Kinder
von drei bis fuenf Jahren (BRD 3 % / 60 %) werden
in Kindergaerten und aehnlichen Einrichtungen
betreut. (Spiegel S. 74) Diese Zahlen erscheinen
auf den ersten Blick recht positiv, relativieren
sich jedoch nach genauerer Betrachtung. So
besuchten Mitte der 80iger Jahre ca. 150.000
Kinder bis vier Jahre eine formelle Einrichtung,
135.000 von ihnen einen Peuterspeelzaal. Der
Peuterspeelzaal bietet den Kindern (bis zum Alter
von vier Jahren) zwei- bis dreimal in der Woche
die Moeglichkeit fuer zwei bis drei Stunden mit
Gleichaltrigen zu spielen. (MiSoZaWe 1987 S.14)
Diese Form der Kinderbetreuung gibt den Frauen
keinerlei Gelegenheit einer bezahlten Arbeit
nachzugehen. Da allerdings 134.000 Frauen (1985)
mit mindestens einem Kind unter vier Jahren
erwerbstaetig waren, muss davon ausgegangen werden,
dass berufstaetige Frauen in hohem Masse die
informelle Betreuung in Anspruch nehmen. Ueber Art
und Umfang dieser Betreuung gibt es allerdings
kaum Informationen. (MiSoZaWe 1987 S. 15)
Auch der Schulbesuch der Kinder erleichtert die
Situation der Frauen nur wenig. Zwar findet
Unterricht ganztaegig statt, waehrend der langen
Mittagspause stehen jedoch kaum Betreuungsmoeglich-
keiten zur Verfuegung. (Luehder S. 77)
Bedingt durch die stetig steigende Arbeitsmarkt-
teilnahme von Muettern besteht ein enormer Bedarf
an Kinderbetreuung. Untersuchungen der Universitaet
Amsterdam haben ergeben, dass bei ca. 70 % der
Frauen der Grund ihres Ausscheidens aus dem
Erwerbsleben die Kinder sind. (CNV S. 6)
Trotz steigender Nachfrage, langen Wartelisten und
-zeiten (MiSoZaWe 1987 S. 15) ist mit einem
Ausbau des formellen Betreuungsangebotes nicht zu
rechnen. Die Regierung ist (trotz z.T.
anderslautender Erklaerungen) weiterhin der
Ansicht, dass die Erziehung und Versorgung von
Kindern sowie der damit verbundenen Konsequenzen
eine Frage der individuellen Verantwortlichkeit
ist.
Auch die Zunahme der unbezahlten informellen
Betreuung ist zweifelhaft. Die Grossmuetter, die
dazu haeufig zur Verfuegung standen, wohnen heute
nur noch selten in der Naehe ihrer Kinder und
Enkel, geben darueberhinaus anderen Aktivitaeten den
Vorzug oder sind selbst berufstaetig.
(Groenendijk/de Wit S. 126)
Frauen, die bezahlte Arbeit und Kinderversorgung
miteinander kombinieren wollen stossen in den
Niederlanden auf erhebliche Schwierigkeiten.
Lediglich 65 der 770 Gemeinden besitzen eine
Kindertagesstaette. (van Voorden/Groenendijk S. 69)
Die Anzahl der Betriebskindergaerten hat zwar seit 1981
um 150 % zugenommen (Groenendijk/de Wit S. 126),
ist aber auch nur "ein Tropfen auf den heissen Stein ".
Das fehlende Kindergartenangebot ist jedoch nicht
die Hauptursache fuer die geringe Erwerbsbe-
teiligung der Muetter.
(Groenendijk/de Wit S. 125)
Rund ein Viertel der Muetter bliebe
dem Arbeitsmarkt erhalten, wenn es eine
ausreichende Zahl von Kindergaerten und -krippen
gaebe. (CNV S. 6)
Umfragen unter nicht erwerbstaetigen Muettern haben
ergeben, dass ihre Motive darin liegen, dass die
Kinder zu jung sind und sie zu wenig Zeit fuer ihre
Kinder haetten wenn sie bezahlter Arbeit nachgehen
wuerden. Die Mehrheit der in Teilzeit arbeitenden
Muetter wollen aus den gleichen Gruenden ihre
Arbeitszeit nicht verlaengern und geben zusaetzlich
an, dass die Belastungen um Kinder, Haushalt und
Beruf zu vereinbaren zu gross waeren.
(Groenendijk/de Wit S. 126)
Auffallend hoch dagegen ist mit 40,9 % die Zahl
der nicht erwerbstaetigen Frauen, die eine
Berufstaetigkeit ernsthaft in Erwaegung ziehen
wuerden, wenn sie die Moeglichkeit bestaende, sich
die Kinderbetreuung mit dem Partner zu teilen.
(Groenendijk/de Wit S. 126)
5.3. Zusammenfassung
Der sich in beiden Laendern abzeichnende Mangel an
Fachkraeften hat den verstaerkten Rueckgriff auf die
Familienfrau zur Folge. Damit Frauen Beruf und
Familie miteinander vereinbaren koennen ist eine
der wesentlichsten Voraussetzungen ein umfang-
reiches, differenziertes und flaechendeckendes An-
gebot an Kinderbetreuungseinrichtungen. Diese
Rahmenbedingungen wurden bisher allerdings weder
in der Bundesrepublik Deutschland noch in den
Niederlanden in umfassendem Masse geschaffen.
Die Situation der Wirtschaft, hinsichtlich Ausbil-
dung und Einstellung von Frauen, kann das Problem
des Fachkraeftemangels jedoch nicht loesen, wenn,
wie in der Bundesrepublik Deutschland,
gleichzeitig der Ausbau von Betreuungseinrich-
tungen "verschlafen" wird.
Auch in den Niederlanden wird immer wieder auf die
Wichtigkeit und Notwendigkeit der Schaffung
zusaetzlicher Einrichtungen hingewiesen. Gleich-
zeitig sind sich Teile der Regierung, Parteien und
Kirche einig darueber, dass die Kinderbetreuung
primaer in der Verantwortlichkeit der Eltern liegt.
Der geringe Wunsch der Muetter am Erwerbsleben
teilzunehmen, weist auf eine Verinnerlichung
dieser Auffassung hin, in Verbindung mit der in
den Niederlanden noch stark vertretenen Ansicht,
dass die Mutter von kleinen Kindern keiner
bezahlten ausserhaeusigen Taetigkeit nachgehen sollte.
Nicht nur in den Niederlanden wird die Verant-
wortlichkeit der Eltern propagiert.
Im Zusammenhang mit fehlenden Betreuungsmoeg-
lichkeiten fuer Kinder wird verstaerkt auch in der
Bundesrepublik Deutschland auf die zunehmende
Gleichberechtigung und partnerschaftliche Auf-
gabenteilung gebaut.
Mit der Proklamierung des innerfamilialen
Aushandelns der Aufgaben und Pflichten (u.a. durch
die buergerlichen Parteien), wird der Anschein
erweckt, dass die Kinderversorgung nicht allein in
den Haenden der Frauen liegt.
Statt den Ausbau von ausserfamilialen Betreuungs-
moeglichkeiten in ausreichendem Masse zu foerdern,
werden Frauen auf die Mithilfe der Vaeter
verwiesen.
6. Einstellung des Partners und
Beitrag zur Familienarbeit
6.1. Bundesrepublik Deutschland
Der Lebensplanentwurf, vor allem von jungen
Frauen, beinhaltet heute ganz selbstverstaendlich
Erwerbsarbeit und Kinder. In diesem Zusammenhang
wuenschen sich die Frauen ein gleichberechtigtes
Zusammenleben mit partnerschaftlicher Aufteilung
aller anfallenden Aufgaben. (Hess-Diebaecker S. 114)
Dies gilt vor allem, weil die
arbeitsintensiven Jahre der Familiengruendung
gleichzeitig auch die Jahre sind, in denen Mann
und Frau beruflich stark gefordert werden.
(Rerrich S. 137)
Die Berufstaetigkeit der Frauen wird heute von der
Mehrheit der Maenner akzeptiert, zum Teil sogar
positiv bewertet, Kritik wird selten laut
geaeussert.
Wenig Entgegenkommen erfahren jedoch berufstaetige
Muetter mit kleinen Kindern. Gestuetzt durch die
gesellschaftliche Aufwertung der Mutterrolle,
sprechen sich immer noch (bzw. wieder) ca. 80 %
der Maenner dagegen aus, dass die Frau nach der
Geburt eines Kindes ihre Arbeit wieder aufnimmt.
(Born S. 103) Die Begruendung 'Kleinkinder
brauchen die Mutter' erscheint sehr zweifelhaft
und vorgeschoben. Viel eher trifft die Vermutung
zu, dass die erwerbsfreie Mutter dem Mann eine
Entlastung von familialer Alltagsarbeit bietet.
Es laesst sich zwar vermerken, dass die traditionelle
Maennerrolle ins Wanken geraet, und dass vor allem
bei jungen Maennern aus der Mittelschicht eine
verstaerkte Hinwendung zur Familie zu verzeichnen
ist. (Beck-Gernsheim 1984 S. 180) Von einer
partnerschaftlichen Aufgabenteilung kann noch
immer nicht die Rede sein. Ob Frauen erwerbstaetig
sind oder nicht, in welcher Partnerschaftsform sie
auch leben, generell laesst sich sagen, dass die
Mehrheit der Maenner in nur geringem Umfang an der
Hausarbeit beteiligt sind.
Umfragen unter Maennern haben ergeben, dass ca. 66 %
von ihnen im Haushalt helfen und 16 % sogar
angeben, dass sie haeufig helfen.
(BMJFFG Okt. 1989 S. 54 )
Dies mag zwar ein positives Bild ver-
mitteln, offen bleibt allerdings die Frage, was
versteht "Mann" unter helfen bzw. haeufig helfen.
Eine staerkere Familienbeteiligung der Maenner laesst
sich hinsichtlich der Kinder erkennen. Das grosse
Interesse der Maenner, beginnend mit der Schwanger-
schaft verschwindet jedoch wieder einige Zeit nach
der Geburt des Kindes, wenn der Alltag eingekehrt
ist. (Rerrich S. 160) Nun hat der "neue" Mann
und zaertliche Vater im Durchschnitt auch nur noch
12 Minuten pro Werktag Zeit, um sich mit seinem
Kind zu beschaeftigen.
(Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik S. 184)
Ganz klar zu verzeichnen ist, dass Maenner bei der
familialen Alltagsarbeit fast ausschliesslich die
angenehmen Taetigkeiten uebernehmen. Mit den Kindern
spielen und spazierengehen stehen hier an erster
Stelle. Die eintoenigen, eher unangenehmen Aufgaben
wie Putzen, Waschen oder das naechtliche Windelnwechseln
wird den Frauen ueberlassen. (Rerrich S. 162f)
Laut Umfragen wuerden 36 % der juengeren Maenner bis
35 Jahren auf eine eigene Berufskarriere zugunsten
ihrer Frauen verzichten. (BMJFFG Okt. 1989 S. 54)
Die Richtigkeit dieser Aussagen muss allerdings
bezweifelt werden, denn obwohl die Adressaten der
familienpolitischen Leistungen in fast allen
Faellen Mann und Frau sind, werden diese in nur
verschwindend geringem Umfang von Maennern in
Anspruch genommen. So teilte die Gleich-
stellungsministerin des Landes Nordrhein Westfalen
Frau Ridder-Melchers im Januar 1992 auf einem
Kongress zum Thema "Familien- und frauenfreundliche
Arbeitszeiten" in Bochum mit, dass lediglich 0,6 %
der Vaeter Erziehungsurlaub beantragen und 3,8t%
der Teilzeitarbeitsplaetze mit Maennern besetzt
seien. Auf die Frage warum Maenner den Wunsch haben
einer Teizeitbeschaeftigung nachzugehen, lautete
die Antwort der Mehrheit 'mehr Zeit fuer sich
selbst' zu haben.
Frauen hingegen, die sich fuer eine Teilzeitarbeit
entscheiden und somit gegen eine Berufskarriere,
tun dies im allgemeinen um Beruf und Familie in
Einklang zu bringen.
Ob die Frau erwerbstaetig ist oder nicht, die
Maenner widersetzen sich allen Bestrebungen sich zu
wirklichen Partnern zu entwickeln. Zwar ist
durchaus ein gestiegenes Problembewusstsein zu
verzeichnen, aber der Weg der Maenner ihren Beitrag
zu leisten zu einer besseren Vereinbarkeit von
Beruf und Familie fuer Frauen, ist noch weit.
6.2. Niederlande
Einen grossen Einfluss auf die Erwerbstaetigkeit der
verheirateten Frau in den Niederlanden hat die
Einstellung des Ehepartners. (Clason S. 148)
Untersuchungen belegen, dass die Haltung des
Partners ausschlaggebend ist fuer die Berufstaetig-
keit der Frau. Lehnt der Ehemann eine bezahlte
Taetigkeit von verheirateten Frauen ab, so gilt es
als unwahrscheinlich, dass seine Frau einem Beruf
nachgeht. Ein Hinweis dafuer, dass sich die Mehrheit
der Frauen dem Wunsch des Partners beugen ist, dass
lediglich 3 % der Frauen angeben, dass die
Schwierigkeiten Beruf und Familie zu kombinieren
auf Beschwerden des Mannes zurueckzufuehren sind.
(Gewestelijk Arbeids Bureau S. 53)
Eine zunehmende Akzeptanz gegenueber weiblicher
Erwerbstaetigkeit laesst sich zwar auch in den
Niederlanden feststellen
(Gewestelijk Arbeids Bureau S. 53), aber die Motive der
Maenner liegen weniger in der Selbstverwirklichung
der Frauen sondern sind finanzieller Art.
(Clason S. 148)
Die gestiegene Arbeitsmarktteilnahme von Frauen
hat zur Folge, dass immer mehr Menschen die Ansicht
vertreten, dass bezahlte und unbezahlte Arbeit
sowie die Kindererziehung zwischen Maennern und
Frauen gleich aufgeteilt werden muss.
(Gewestelijk Arbeids Bureau S. 53)
Seit Mitte der 70iger Jahre ist bereits eine
Zunahme der Aufgabenteilung zwischen Mann und Frau
zu verzeichnen (Oudijk S. 43), egal ob die Frau
berufstaetig ist oder nicht. Deutlich am hoechsten
liegt der maennliche Beitrag zur familialen
Alltagsarbeit bei verheirateten, berufstaetigen
Muettern. Des weiteren haben Untersuchungen
ergeben, dass ein positiver Zusammenhang besteht
zwischen dem Ausbildungsniveau der Frau und der
Mithilfe des Ehemannes. Das gleiche gilt fuer die
Hoehe des Einkommens, je hoeher das Gehalt der Frau
um so mehr beteiligt sich der Partner an den
Aufgaben des taeglichen Lebens, es sei denn, das
Einkommen ist so hoch, dass eine bezahlte
Haushaltshilfe eingestellt werden kann.
(Clason S. 64)
Trotz der positiven Tendenz sind es auch in den
Niederlanden die Frauen, die die Hauptlast der
familialen Alltagsarbeit tragen und viermal so
viel Hausarbeit verrichten wie die Maenner.
(Oudijk S. 43) Diese Doppelbelastung wird von
den Frauen als ein herausragendes Problem genannt.
(Gewestelijk Arbeids Bureau S. 53)
In den 80iger Jahren gingen 95,5 % der Vaeter mit
Kindern unter vier Jahren einer Erwerbstaetigkeit
nach, 92 % von ihnen in Vollzeit.
(Groenendijk/de Wit S. 126)
Obwohl die Teilzeitbeschaeftigung
von Maennern in den Niederlanden mit 8,7 % im Jahr
1985 (BRD 2,1 % 1984) eine Spitzenstellung im
europaeischen Vergleich einnimmt und die
dominierende Altersgruppe die 25 bis 49jaehrigen
sind (BMFJ April 1989 S. 15/96), wird von ihnen
kein wesentlicher Beitrag zur Kinderbetreuung
geleistet.
Auch 1981 waren immer noch 61 % der Maenner und
46t% der Frauen der Ansicht, dass Frauen
geschickter sind im Umgang mit kleinen Kindern.
(Gewestelijk Arbeids Bureau S. 53) Da in der
Literatur keine Information darueber zu finden
waren, in welcher Hoehe die niederlaendischen Maenner
den Elternteilzeiturlaub in Anspruch nehmen, ist
davon auszugehen, dass die Zahl sehr niedrig liegt.
Untersuchungen hinsichtlich des Zeitaufwandes
zeigen, dass sich auch auf dem Gebiet der Kinder-
betreuung Veraenderungen abzeichnen. Junge ver-
heiratete Maenner (unter 35 Jahren) mit Kindern
haben sich 1975 3,6 Stunden in der Woche mit ihren
Kindern beschaeftigt, 1980 waren es bereits
5,1 Stunden. Wenn die Veraenderungen in diesem
Tempo fortschreiten, wird es allerdings noch bis
in das 21. Jahrhundert dauern, bis die Kinder-
betreuung zwischen Maennern und Frauen gleich
verteilt ist. (Groenendijk/de Wit S. 127)
Gleiches gilt fuer die Hausarbeit. Bei weiterer
Zunahme der Mithilfe durch die Maenner wird die
Alltagsarbeit im Jahre 2108 von Maennern und Frauen
in gleichem Umfang uebernommen. (Oudijk S. 45)
Dieses Rechenexempel laesst jedoch eine gegenlaeufige
Entwicklung ausser acht. Trotz groesserer Akzeptanz
gegenueber weiblicher Erwerbsarbeit ist nicht zu
leugnen, dass mit steigender Arbeitslosigkeit die
Stimmen zugenommen haben, die fordern 'pro
Lebenseinheit ein Verdiener'.
(Gewestelijk Arbeids Bureau S. 53)
6.3. Zusammenfassung
Die niederlaendische Literatur vermittelt den
Eindruck, dass die Maenner in hoeherem Masse als in
der Bundesrepublik Deutschland die Frauen bei der
familialen Alltagsarbeit unterstuetzen. Dies ist
zurueckzufuehren auf eine generell groessere Partizi-
pation des Mannes an der Gestaltung des
Familienlebens, bedingt durch die verhaeltnismaessig
starke expressive Rolle des Vaters. Andererseits
ist gerade die Prioritaet des haeuslichen Lebens-
bereiches, in Verbindung mit dem noch weitver-
breiteten traditionellen familialen Rollengefuege
ein Grund, warum verheiratete Frauen in nur
geringem Masse erwerbstaetig sind.
Der vermehrte Beitrag der deutschen Maenner an Auf-
gaben des taeglichen Lebens laesst sich zum Teil auf
die, von der Familienpolitik gestuetzten,
gesellschaftlichen Aufwertung der Hausfrauen- und
Mutterrolle zurueckfuehren.
In der Bundesrepublik Deutschland sowie in den
Niederlanden uebernehmen die Maenner nur einen
Bruchteil der anfallenden Aufgaben, haeufig in be-
stimmten, ausgewaehlten Bereichen, und ueberlassen
den Frauen weiterhin die Hauptverantwortung fuer
Haushalt, Familie und Kinder.
So laesst sich feststellen, dass in beiden Laendern
die Beitraege der Maenner zur familialen Alltags-
arbeit und Kinderbetreuung vorlaeufig noch keinen
stimulierenden Effekt haben auf die Arbeitsmarkt-
teilnahme von Frauen und Muettern.
7. Zusammenfassung
Meine Vermutung, dass die Ausgangsposition der
niederlaendischen Frauen bezueglich der
Vereinbarkeit von Beruf und Familie besser ist als
die der Frauen in der Bundesrepublik Deutschland
hat sich, nach dem Durcharbeiten der Literatur,
als falsch erwiesen.
Weder die Situation in der Familie, noch die
gesellschaftlichen und familienpolitischen
Bedingungen verhelfen der Frau dazu, dass Beruf und
Familie gleichwertig nebeneinander bestehen
koennen. Im Gegenteil, staerker als in der Bundes-
republik Deutschland scheint die niederlaendische
Gesellschaft auf die Frau Druck auszuueben, damit
sie auf eine bezahlte, ausserhaeusige Taetigkeit
verzichtet.
Dieser Eindruck wird moeglicherweise dadurch
verstaerkt, dass in der niederlaendischen Oeffentlich-
keit gesellschaftspolitische Diskussionen
erheblich offener und direkter gefuehrt werden. Die
Auseinandersetzung mit der geschlechtsspezifischen
Arbeitsteilung, der Ursache der sozialen
Ungleichheit zwischen Maennern und Frauen, ist in
der Bundesrepublik Deutschland indirekter und
verhaltener spuerbar.
Verschleierung scheint eine Taktik zu sein um die
Bewusstmachung der sozialen Ungleichheit der
Geschlechter zu unterdruecken.
Der hohe Stellenwert der familialen Lebenssphaere
in den Niederlanden und der Mangel an einem
bedarfsgerechten Netz von Kinderbetreuungsein-
richtungen verpflichten die niederlaendische Frau
in hoeherem Masse als die deutsche Frau auf die
Familie.
Weder in der Bundesrepublik Deutschland noch in
den Niederlanden wurden bisher Rahmenbedingungen
geschaffen, die die Vereinbarkeit von Beruf und
Familie fuer die Frau erleichtern. Auch
familienpolitische Massnahmen, Zunahme der Teil-
zeitstellen und beginnende Flexibilisierung der
Ladenschlusszeiten koennen nicht ueber die Tatsache
hinwegtaeuschen, dass weibliches Erwerbsverhalten
durch Familienorientierung bestimmt wird.
Alle Forderungen und Massnahmen zur Vereinbarkeit
von Beruf und Familie sind auf die Frauen
gerichtet und auf deren Situation abgestimmt. Die
Position der Maenner wurde bisher nicht im
geringsten veraendert.
Die "grosszuegige" Mithilfe der Maenner im Haushalt
laesst die traditionelle Aufgabenteilung weiterhin
unberuehrt. Aeusserungen der Maenner, dass eine
Umverteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit
zugunsten der Frauen erfolgen muss, bleibt ein
Lippenbekenntnis.
Die Mehrfachbelastung der Frau durch Haushalt,
Kinder und Beruf, durch emotionale Staerkung des
Mannes und Schaffung eines Familienklimas der
Entspannung und Geborgenheit hat nichts mit
Emanzipation zu tun, sondern ist schlicht eine
Ueberforderung der Frau.
Warum Frauen stillhalten und den Kampf um eine
problemlosere Vereinbarkeit von Beruf und Familie
nicht aufnehmen, laesst sich nur damit erklaeren, dass
sie dankbar sind ueberhaupt an der Arbeitswelt
teilnehmen zu duerfen. Ein weiteres Aufbegehren
wuerde neue (nicht mehr vorhandene) Kraefte fordern.
Viele Frauen stellen darueberhinaus ihre alleinige
Zustaendigkeit fuer Haushalt, Familie und Kinder
nicht in Frage, sondern sehen in der Ueberbelastung
ein individuelles Problem, ohne den Zusammenhang
mit der patriarchalischen Gesellschaftsstruktur zu
erkennen.
Waehrend der Bearbeitung dieses Themas verfestigte
sich in mir das Bild, dass die Frauen in der
Bundesrepublik Deutschland und in den Niederlanden
die "Entwicklungslaender" der Maenner sind.
Vergleicht "frau" die Abhaengigkeit und Ausbeutung
der 3.-Welt-Laender durch die maechtigen Industrie-
staaten, so lassen sich Paralellen ziehen zu den
Frauen, die von den starken Maennern zu deren
Vorteil genutzt werden.
Entwicklungshilfe in der suedlichen Hemisphaere
schafft haeufig die Voraussetzung, dass sich der
Norden weiterhin der vorhandenen Ressourcen
bedienen kann, und ihm das Gefuehl vermittelt einer
moralischen Verpflichtung nachgekommen zu sein.
Zugestaendnisse hinsichtlich der Erwerbstaetigkeit
und der familienpolitischen Massnahmen moegen, als
eine Entwicklungshilfe fuer Frauen, bei Maennern das
Gewissen beruhigen. Statt aber den Frauen
wirkliche Hilfen anzubieten und ihnen die
Selbstaendigkeit zu ermoeglichen, bleibt die alte
Rollenverteilung und Abhaengigkeit bestehen.
Weder familienpolitisches Eingreifen noch
Massnahmen der Wirtschaft werden an der Situation
der Frauen in der Bundesrepublik Deutschland und
den Niederlanden etwas aendern, wenn nicht die
Vereinbarkeit von Beruf und Familie auch ein
Maennerthema wird.
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"Ich versichere hiermit, dass ich die vorstehende
Arbeit selbststaendig angefertigt habe und dabei nur
die angegebenen Hilfsmittel und Quellen benutzt
habe."
Unterschrift von Sibylle Haertel
April 1992
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(C) Sibylle Haertel
Die kommerzielle Verwendung (auch auszugsweise) dieser Arbeit verlangt die
schrifliche Zustimmung der Autorin; dies gilt auch fuer die Verbreitung in kommerziellen
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Meine private eMail Adresse: sib.haertel@woschee-haertel.de
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